Hintergründe

«Es ist wichtig, sich in einer Notsituation nicht zu verstecken»

Die Post verkauft seit April die Briefmarke «COVID-19 Solidarität» und überweist die Einnahmen an das Schweizerische Rote Kreuz und die Glückskette. Beide Organisationen unterstützen damit Menschen, die dringend Hilfe brauchen. Ein Dialysepatient, eine Freiwillige und ein Rentnerehepaar erzählen, wie sich ihr Leben dieses Jahr dank der Hilfe vom Roten Kreuz zum Guten gewendet hat und was sie bewirkt haben. Die Briefmarke «COVID-19 Solidarität» ist immer noch erhältlich.

Diana Busch

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Michael Kleinert*, 38, Koch in Nidwalden: Eine hohe Rechnung kann alles auf den Kopf stellen

«Nach der DialyseTarget not accessible bin ich zu müde, um selbst nach Hause zu fahren. Das wäre einfach nicht sicher. Vor der Pandemie hat mich mein Vater drei Tage pro Woche morgens ins Spital nach Luzern gefahren. Eine meiner Nieren arbeitet nicht mehr und ich warte auf eine Spenderniere. Die Dialyse dauert etwa vier Stunden. Mein Vater ist Rentner und hat Zeit, er hat im Spital auf mich gewartet und mich mittags wieder nach Hause gebracht.

Als es in der ersten Covid-Welle im Frühling hiess, dass Risikogruppen sich schützen und zu Hause bleiben sollen, war die Unsicherheit gross. Wir beschlossen in der Familie, dass es besser ist, wenn mein Vater mich nicht mehr fährt. Selbst zu fahren, war keine Option und auch sonst fand sich niemand, der den aufwendigen Fahrdienst übernehmen konnte. Dann erzählte mir ein Freund vom Rotkreuz-FahrdienstTarget not accessible, in dem Freiwillige mithelfen.

Es kann uns alle treffen

Der Rotkreuz-Fahrdienst ist günstiger als ein Taxi und hilft bei solchen gut im Voraus planbaren Fahrten. Also habe ich mich angemeldet und alles hat bestens geklappt, die Fahrer sind immer pünktlich und freundlich gewesen. Was ich unterschätzt habe: Pro Dialysetag sind vier Fahrten zusammengekommen, denn die Fahrer haben den Vormittag natürlich nicht im Spital verbracht, und die Rechnung ist höher ausgefallen als ich erwartet habe. Ich erhalte zu 50% eine IV-Rente und arbeite zu 50% als Koch in einem Pflegeheim. In meiner Situation kann ich keine grossen Sprünge machen, ich komme zurecht, doch eine hohe Rechnung kann alles auf den Kopf stellen.

Im Sommer habe ich dann meinen Job als Koch verloren. Darauf habe ich mich beim Roten Kreuz Unterwalden gemeldet und meine Lage geschildert. Die Mitarbeiterin hat angeboten, einen Antrag auf Soforthilfe zu stellen, um mich finanziell zu entlasten. Innert zwei, drei Tagen habe ich das Geld erhalten, um den Fahrdienst zu bezahlen – das ist eine unglaublich schnelle, unbürokratische Hilfe gewesen.

Ich finde es wichtig, sich in einer Notsituation nicht zu verstecken. Es kann alle treffen. Und Lösungen gibt es immer. Im November habe ich mit der Heimdialyse begonnen – die Therapie zuhause ist wesentlich angenehmer und auch das Ansteckungsrisiko im Spital fällt weg. Meiner Frau und mir liegt es am Herzen, unser Leben selbstständig zu meistern.»

* Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wurde der Name geändert.

Debra Fesslmeier, 26, Jugendrotkreuz in Zürich: Lustige Geschichten kommen besonders gut an

Copyright: Frederic Meyer, SRK Kanton Zürich

«Vor Corona bin ich regelmässig am Mittwochabend ins Wohnheim Mühlehalde in Zürich gefahren, um den sehbehinderten Bewohnerinnen eine Stunde lang Kurzgeschichten vorzulesen. Lustige Geschichten sind besonders gut angekommen, dabei haben wir auch viel zusammen gelacht. Seit dem Lockdown im Frühling haben Freiwillige keinen Zutritt zum Wohnheim.

Ich bin seit zwei Jahren für das Jugendrotkreuz im Kanton Zürich im Einsatz. In der ersten Covid-Welle haben wir überlegt, wie wir den Menschen in dieser fordernden Zeit helfen können und viel auf die Beine gestellt – von der Online-Hausaufgabenhilfe über Care-Pakete für Flüchtlinge bis zum Vorlesedienst am Telefon für blinde und sehbehinderte Menschen.

Ich habe mich zwei Monate lang per Telefon um eine sehbehinderte Dame gekümmert, ihr regelmässig vorgelesen oder mit ihr diskutiert. Sie ist über 90 Jahre alt und mag sehr gern alte Geschichten über das Zürcher Quartier WitikonTarget not accessible, in dem das Wohnheim liegt. In unseren Gesprächen habe ich viel gelernt, etwa über das Leben nach dem zweiten Weltkrieg. Und ihr hat der telefonische Kontakt gutgetan, sie hat sich oft bei mir bedankt. Doch es hat ihr gefehlt, dass Besuch kommt.

Als die Massnahmen im Sommer gelockert wurden, haben wir den Telefonkontakt auslaufen lassen. Jetzt in der zweiten Covid-Welle prüfen wir im Jugendrotkreuz, ob und wie wir eine Neuauflage des Vorlesens am Telefon organisieren.»

Ehepaar Rottmann, Edith (66) und Richard (76), Rentner in Riehen: Im Frühling waren wir wirklich nur zuhause

Copyright: Remo Nägeli, SRK

«Die Einkaufsliste haben wir den zwei jungen Männern per Telefon durchgegeben. Sie haben die Einkäufe dann meist am nächsten Tag erledigt und die gefüllten Taschen vor unsere Haustür gestellt. Mit der Zeit haben wir unsere Helfer immer besser kennenlernt und durchs Fenster miteinander gesprochen, natürlich auf Distanz.

Im Frühling waren wir wirklich nur zuhause. Die Lieferdienste der grossen Supermärkte waren überfordert vom Ansturm; wir konnten keine Bestellungen aufgeben. Darum haben wir den Einkaufsdienst des Roten Kreuz Baselland gern in Anspruch genommen und sind sehr dankbar für die Hilfe, die wir erhalten haben.

Uns war es von Anfang an wichtig, dass wir uns an die offiziellen Empfehlungen halten – wenn wir uns selbst schützen, schützen wir auch andere. Es geht uns gut, doch wir vermissen unsere Hobbies. Richard ist sehr sportlich, es ist ihm schwergefallen, aufs Tennis zu verzichten. In normalen Zeiten spielt er drei Mal in der Woche. Im Sommer hat er wieder eine Weile gespielt, doch als dann die Hallensaison begann, fanden wir es beide zu riskant. Edith vermisst die Inspiration, die sie aus kulturellen Aktivitäten schöpft, etwa aus Museumsbesuchen.

Heute gehen wir wieder selbst einkaufen, doch nicht in Riehen. Auf dem Land gibt es grössere Supermärkte, wo man sich besser aus dem Weg gehen kann.»

 

Der Verkauf und die Spendenaktion laufen weiter! Die Briefmarke ist im 10er-Bogen für 50 Franken in allen Filialen und auf postshop.chTarget not accessible erhältlich oder unter der Telefonnummer 0848 66 55 44 bestellbar.

verfasst von

Diana Busch

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Roland Thomann, Direktor der Glückskette