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EUROPA – Mythen und Sagen

Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs von PostEurop ist «Mythen und Sagen». Was läge näher, als die Schweizer EUROPA-Marke diesmal mit einem Auftritt von Wilhelm Tell ins Rennen zu schicken?

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Briefmarken EUROPA Mythen und Sagen

Die Geschichte rund um einen Helden, der seinem Kind einen Apfel vom Kopf schiessen soll, findet sich in ganz verschiedenen europäischen Sagensammlungen. In keinem anderen Land aber wurde sie so sehr Teil eines Gründungsmythos wie in der Schweiz. Bis weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde Wilhelm Tell als mutige und furchtlose Titelfigur im gleichnamigen Theater Friedrich Schillers von 1804. Nach der Gründung des Bundesstaates 1848 war Willhelm Tell eine wichtige, identitätsstiftende Figur für die aufblühende Nation.

Der jungen Illustratorin und Grafikerin Elena Knecht ist es gelungen, das Thema mit einem unbefangenen Blick anzugehen. Es war denn auch ihr Ziel, die alte Sage auf eine moderne Weise neu zu interpretieren und in zeitgemässem Stil umzusetzen.

Die dramatische Szene rund um den Apfelschuss kommt vermutlich aus nordischen Geschichten des frühen Mittelalters. Man kann annehmen, dass reisende Mönche diese Erzählungen in die Schweiz brachten. Der Apfelschuss gehört zu den einprägsamsten und bekanntesten Szenen der Tellgeschichte.

Wahl der schönsten Briefmarke

Auch dieses Jahr führt PostEurop ein Onlinevoting durch – machen Sie mit! Die Abstimmung findet vom 9. Mai bis 9. September 2022 statt. Sämtliche Informationen dazu finden Sie auf posteurop.org/europa2022Target not accessible.

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Die Briefmarken finden Sie auf postshop.ch

Mythos Wilhelm Tell – eine Einordnung

Dass eine Person Wilhelm Tell mit Geburts- und Sterbeurkunde in der Realität nicht existiert hat, braucht man heute kaum mehr zu betonen. Inwiefern die Figur trotzdem Realitätsbezüge hat, ja im übertragenen Sinn durchaus als historisch gelten kann, erklärt der Berner Geschichtsprofessor André Holenstein im Interview.

Herr Holenstein, warum ist die Sage um Wilhelm Tell bis heute derart populär?

Ich würde zunächst einmal nicht von «Sage» sprechen, sondern lieber von «Mythos». Ein Mythos ist mehr als Fake News, mehr als Fiktion, nämlich eine Geschichte, die eine Botschaft transportiert. In diesem Fall die Erklärung, warum es uns gibt.

Warum es uns gibt?

Ja, warum es die Eidgenossenschaft gibt, warum sie legitim ist. Tell und der Rütlischwur sind Teil eines Propagandakriegs. Das Weisse Buch von Sarnen (um 1470) ist eine der zentralen Schriften dieser Auseinandersetzung. Es enthält einerseits eine Sammlung von Abschriften von Urkunden, aber andererseits eben auch eine als Chronik auftretende Zusammenstellung von Geschichten rund um tyrannische Vögte und den Freiheitskampf der Eidgenossen.

War dieser Freiheitskampf denn nicht gerechtfertigt?

Aus Sicht der Habsburger nicht, nein. Die Eidgenossen haben ihnen grosse Ländereien weggenommen, inklusive der Stammburg nordöstlich von Aarau. Aus ihrer Sicht wurde Herzog Leopold bei Sempach «auf dem Seinen von den Seinen um das Seine» gebracht. Die Eidgenossen erscheinen da eher als Terroristen. Das brauchte eine Gegendarstellung. Und diese wurde später vom Historiker Aegidius Tschudi noch gefestigt, indem er eine genaue Datierung der Geschichten vorschlug, inklusive Rütlischwur am 8 November 1307.

Diese Darstellung führte dann zum allgemeinen Glauben, dass es sich um historische Ereignisse handle, zumal sich das Ganze ja in einem identifizierbaren Raum abspielte: Der See, das Rütli, Altdorf – das gibts alles; und Landammänner namens Stauffacher auch.

Haben Sie jetzt Tell als Terroristen dargestellt?

Der auf einen rechtmässigen Repräsentanten ein hinterhältiges Attentat verübte. So sieht das je nach Perspektive aus. Für uns bleibt Tell aber natürlich etwas anderes, eine Figur, die zu unserem Land gehört, und die über all die Jahrhunderte lebendiger geblieben ist, als manche Persönlichkeit, die tatsächlich gelebt hat. Insofern würde ich nicht zögern, Tell im übertragenen Sinn als «historisch» zu bezeichnen.

Prof. Dr. André Holenstein. (Foto. Christine Strub)

Prof. Dr. André Holenstein

Nach Studien in Bern und Mainz wurde André Holenstein 2002 ordentlicher Professor für ältere Schweizer Geschichte und vergleichende Regionalgeschichte am Historischen Institut der Universität Bern, dem er aktuell als Direktor vorsteht. Seine Forschungsschwerpunkte kreisen um das Thema «Mitten in Europa. Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte», wie der Titel eines seiner Bücher lautet.

Foto: Christine Strub

First Day Cover EUROPA Mythen und Sagen

Technische Infos

Verkauf

Philatelie: ab 28.4.2022 bis 30.6.2023 oder solange Vorrat

Filialen: ab 5.5.2022 bis 30.6.2023 oder solange Vorrat

Gültigkeit

Unbeschränkt ab 5.5.2022

Druck

Offsetdruck, 4-farbig; Cartor Security Printing, La Loupe, Frankreich

Formate

Wertzeichen: 40 × 32,5 mm

Bogen: 190 × 162 mm

(4 Reihen zu 4 Marken)

Papier

Briefmarkenpapier weiss, mit optischem Aufheller, matt gummiert, 110 gm²

Zähnung

13 ¼ : 13 ¼

Gestaltung

Elena Knecht, Zürich