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«Es ist schwierig, besser als die Schweizerische Post zu sein»

Die Schweizerische Post wurde zum vierten Mal in Folge zur weltweit besten Post gekürt. Im Interview erläutert Pascal Clivaz, stellvertretender Generaldirektor des Weltpostvereins, die Gründe für diesen Erfolg, wie das Coronavirus die internationale Postlandschaft verändert hat und mit welchen Herausforderungen die Branche in Zukunft konfrontiert sein wird.

Claudia Iraoui

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Pascal Clivaz an einem Anlass
Pascal Clivaz, Stellvertretender Generaldirektor der UNO-Organisation Weltpostverein (UPU)

Pascal Clivaz, die Post Schweiz belegt zum vierten Mal in Folge als "Beste Post der Welt" den Spitzenplatz: Sind Sie überrascht?

Überrascht? Nein, nicht wirklich, aber es ist auch nicht selbstverständlich. Die Rangliste der ersten zehn ist ziemlich eng, nur wenige Punkte trennen die besten voneinander. Also herzlichen Glückwunsch an die Schweizerische Post, dass sie ihren Platz verteidigen konnte trotz der soliden Konkurrenz aus Österreich, Deutschland, den Niederlanden, Japan und Frankreich, die auf den nachfolgenden Rängen liegen. In der Schweiz konnte sich die Post am besten an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie Digitalisierung, Liberalisierung und Service public anpassen und spielt deshalb im Alltag der Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Unternehmen weiterhin eine zentrale Rolle.

Wodurch zeichnet sich die Schweizerische Post besonders aus, so dass sie wieder den ersten Rang geholt hat?

Dieser Erfolg geht auf ihr gutes Abschneiden in allen vier Bewertungsbereichen zurück, nämlich Zuverlässigkeit, Erreichbarkeit (oder Interoperabilität), Relevanz und Belastbarkeit. Tatsächlich liefert die Schweizerische Post im Vergleich zu anderen Ländern schneller und verlässlicher. Sie ist international sehr gut vernetzt, wodurch sie in Zusammenarbeit mit vielen Partnern grosse Volumen bewältigen kann. Zudem nutzt die Schweizer Bevölkerung sehr viele Postprodukte und profitiert von einem der weltweit dichtesten Postnetze. Und schliesslich arbeitet die Schweizerische Post mit einem ausgewogenen und gut diversifizierten Geschäftsmodell.

Eine Bewertung, bei der jedes Jahr derselbe Postbetreiber gewinnt ... Überlegt sich der WeltpostvereinTarget not accessible, die Bewertungskriterien anzupassen?

Das Ziel des integrierten Index für die PostentwicklungTarget not accessible ist es, die Realität in Zahlen abzubilden. Wie andere wirtschaftliche Kennzahlen (BIP, Staatsschulden, Exporte) dient er dazu, die Branchenakteure über die postalische Entwicklung in der ganzen Welt zu informieren. Kontinuität ist essentiell, und alle Postbetriebe kennen die Spielregeln. Der Wille, auf die vordersten Plätze zu kommen, motiviert die Länder, ihre jeweiligen Netze zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten zu verbessern.

Es wird per Definition die relative Performance bewertet. Solange die Schweizerische Post im Vergleich besser ist, bleibt sie an der Spitze des Klassements. Dies ist seit 2017 der Fall, auch wenn es bei den Top Ten ein paar Veränderungen gab. Zudem ist Österreich dieses Jahr sehr dicht an der Siegerin dran, der Unterschied beträgt lediglich fünf Punkte.

Wie Sie sehen, können wir nun langsam die Entwicklung der Klassierungen über die Jahre verfolgen, was für uns wertvoll ist und es uns ermöglicht, sie abzubilden und unsere Analysen zu verfeinern. Die Klassierung ist ein strategisches Hilfsmittel, das sich aus den gesammelten Daten speist. Konkret wurden seit 2013 mehrere Dutzend Milliarden Daten gesammelt.

In welchem Bereich könnte sich die Schweizerische Post noch verbessern?

Im internationalen Vergleich ist es schwierig, über alle Kriterien besser als die Schweiz zu sein. Aber es ist natürlich wichtig, sich nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen; gewisse sehr dynamische Postbetriebe verbessern sich von Jahr zu Jahr stark. Wenn sie weiterhin pünktlich liefert, ihr Netz pflegt und ihre Präsenz im ganzen Land garantiert, gleichzeitig weiter diversifiziert und das Gleichgewicht ihres Geschäftsmodells aufrechterhält, wird die Schweizerische Post an der Spitze bleiben.

Wie gesagt, erlauben wir uns kein Urteil. Wenn wir aber die verschiedenen Daten analysieren würden, aus denen sich die Performance der Schweizerischen Post zusammensetzt, könnten wir ein paar präzisere Hinweise geben.

Für einige Länder haben wir dies auf Anfrage bereits getan. Weil wir sie begleitet haben, konnten mehrere Postbetreiber ihre Performance verbessern und damit ihre Rangierung im Lauf der Zeit. Wir verwenden die gesammelten Daten auch im Rahmen unserer Entwicklungshilfe-Politik.

Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf die Postbetreiber weltweit?

Die Pandemie war für sie ein echter Schock - in drei Phasen. Zuerst kam die erste Welle mit dem Lockdown. Die Postbetreiber mussten ohne die internationalen Flüge auskommen, es fehlte ihnen an Mitarbeitenden, und die Kosten für die Produktionsprozesse stiegen aus mehreren Gründen wie der erforderlichen Desinfektion, Inspektionen, Nachfrage usw. Dies hatte verschiedene Folgen, insbesondere war die Durchlässigkeit des Netzes beeinträchtigt.

Während der zweiten Phase, als gewisse Schutzmassnahmen gelockert wurden, konnte das Netz teilweise wiederhergestellt werden. Es traten dann allerdings nachhaltigere Folgen zutage wie eine Veränderung der Nachfrage nach Postprodukten seitens der Unternehmen und Haushalte. Viele Postbetreiber waren auch mit Verlusten konfrontiert wegen Produkten mit geringer Marge, weniger Sendungen von Unternehmen, weniger Nachfrage nach internationalen Dienstleistungen usw.

Die dritte Phase erleben wir gerade. Es ist die Phase der beschleunigten Transformation der Branche. Diese muss nun herausfinden, wie sie der Bevölkerung weiterhin von Nutzen sein kann.

Mit welchen Herausforderungen sind die Postbetreiber in Zukunft konfrontiert?

Die grösste Herausforderung wird es sein, das gewinnbringendste Geschäftsmodell zu finden. Die Konsumgewohnheiten und die Produktionsweisen werden sich dauerhaft verändern. Daraus ergeben sich verschiedene Optionen. Der Rückgang beim Briefverkehr, die Digitalisierung und die geringen Margen in der Paketbeförderung sind Trends, die sich langfristig beschleunigen und sowohl Chancen als auch grosse Risiken darstellen. Für die Postbetreiber wird es sicher schwierig, sich der neuen Situation in so kurzer Zeit anzupassen, weil solche Umwälzungen grosse Investitionen erfordern.

verfasst von

Claudia Iraoui

Channel Manager Digital

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