Hintergründe, Menschen
Fasnachtspost
Postbote Lukas Hürlimann wagt sich seit 25 Jahren frühmorgens in das Gewimmel der Luzerner Fasnacht und trägt die Post aus.
Inhaltsbereich

Am «Schmudo» - dem «Schmutzigen Donnerstag» ist Startschuss: Genau um fünf Uhr morgens ertönt in der Luzerner Altstadt der «Urknall» und die Fasnacht beginnt. Kurz darauf, um sechs Uhr, beginnt für Lukas Hürlimann der Arbeitstag. In der Zustellstelle am Geissensteinring 41 in Luzern sortiert er die Post von Hand fertig aus.

Statt mit dem Roller geht Lukas Hürlimann heute zu Fuss auf Tour. Und mit Perücke. «Ich ziehe sie immer an, denn so ist man nicht nur Briefträger, sondern selbst auch Teil des Ganzen.»

Er kann sich an frühere Jahre erinnern, als er ohne Perücke unterwegs war und Airbrush-Schminken total in Mode war. «Da war jeweils mein ganzer Kopf und die Glatze nach der Tour farbig», erinnert er sich mit einem Lachen.

Mit schnellem Schritt zieht er los. Während ringsum die Bären tanzen, Pinguine vorbeiwatscheln, gruslige Masken die Leute erschrecken und die Schweizergarde stolz vorbeimarschiert, stellt Lukas den Postwagen ab, geht in eine Apotheke, gibt die Briefe ab, ist eine Sekunde später wieder draussen, verschwindet in der nächsten Seitengasse, stellt den Handwagen im Hauseingang ab, nimmt ein Bündel Briefe aus dem Sack und verteilt sie speditiv in den Briefkästen.

Lukas Hürlimann kennt jede Gasse und jeden Briefkasten auswendig, weiss, wo welche Namen auf den Schildern stehen. Flink bahnt er sich den Weg zwischen den feiernden Menschen hindurch.

Auf dem Kapellplatz ist der Boden weiss – das ist aber kein Schnee, das sind Papierschnipsel vom «Fötzeliregen», der frühmorgens stattgefunden hat.

«Warte hier», ruft ihm ein kostümierter Mann zu. Eine Minute später ist er zurück, in der Hand eine Schachtel mit Schokolade. «Mein Pöstler erhält an jeder Fasnacht ein Schöggeli», erklärt er.
So geht es kreuz und quer durch die Stadt, immer wieder trifft er auf Bekannte und Freunde, wird zum Holdrio eingeladen – doch Lukas Hürlimann lacht nur und macht seine Tour weiter – erst bei der Einladung zum Kafi im Hotel Balance sagt er ja und legt eine wohlverdiente Pause ein.
Bald ist sein Handwagen leer – doch fertig ist er mit der Tour nicht. Nun geht zum Depot bei einem Altstadthaus. Ein Arbeitskollege hat ihm hier die zweite Hälfte seiner Briefe in einem Postsack deponiert.

Um 10 Uhr 10 das erste Seufzen, als Lukas Hürlimann auf den Weinmarkt einbiegt: Die Menschen stehen hier dicht, die Masse ist unübersichtlich in Bewegung, Guggen lärmen, Fasnachtsgruppen drängen vorbei, nur mit Mühe kommt Lukas Hürlimann durch die Menge.

«Der arme Pöstler!», findet eine Frau im Elfenkostüm, als sie sieht, wie sich Lukas Hürlimann mit einem Bündel Briefe in der Hand und dem Handwagen im Schlepptau durch die Menge kämpft.

Doch wiederum scheint er es mit links zu schaffen. Bald darauf liegen die letzten Briefe in den Briefkästen.
«Heute ist es gut gegangen», findet der Luzerner. «In früheren Jahren hat es manchmal geschneit, geregnet, war kalt, oder es waren viel mehr Betrunkene unterwegs», sagt er. «Die Altstadttour will an der Fasnacht sonst keiner machen», sagt er. Lukas Hürlimann mag die Herausforderung der Altstadttour im närrischen Trubel – trotz aller Schwierigkeiten. Er ist fast jedes Jahr während der Fasnachtszeit ein paarmal auch noch abends im Gewimmel unterwegs, statt mit Briefen jedoch mit Instrument und Verkleidung.
