Hintergründe

«Die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots ist für PostFinance ein unverzichtbarer Schritt»

Mit 2,7 Millionen Kundinnen und Kunden, über 4,4 Millionen Konti, einer Bilanzsumme von 125 Milliarden Franken sowie einem Grundversorgungsauftrag im Zahlungsverkehr ist PostFinance eine systemrelevante Bank und von zentraler Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft. Mit dem Start der Vernehmlassung über die Teilrevision des Postorganisationsgesetzes Anfang Juni geht es um die Zukunft eines wichtigen Geschäftspfeilers der Post. Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller gibt im Interview Auskunft darüber, warum die Aufhebung des Kredits- und Hypothekarverbots der richtige Weg ist.

Camilla Krebs

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Urs Schwaller

Herr Schwaller, Sie haben immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass PostFinance endlich ins Kredit- und Hypothekargeschäft einsteigen kann. Warum?

Es gibt keinen Grund, weshalb PostFinance über eine Bankenlizenz mit allen Pflichten verfügt, jedoch als einzige Bank keine Hypotheken und Kredite vergeben darf. Wir als Post und auch die Politik können nicht einfach weiter zuschauen, wie das Geschäftsmodell von PostFinance erodiert. Während früher PostFinance mit ihren Zinserträgen massgeblich zum positiven Ergebnis der gesamten Post beigetragen hat, entwickelt sich PostFinance heute aufgrund der Tiefzinssituation von einer Finanzierungsquelle zu einer finanziellen Belastung. Dies ist umso bedenklicher, weil die Gewinne von PostFinance massgeblich zur Finanzierung der Investitionen und des Service public der Post beigetragen haben und damit der Schweizer Bevölkerung zu Gute kamen.

Kritische Stimmen halten Ihnen entgegen, dass es keinen weiteren Akteur auf dem Immobilienmarkt braucht und PostFinance als «Staatsbank» bereits genug privilegiert sei.

Diese Aussage ist falsch. Das Volumen des Schweizer Kredit- und Hypothekenmarkts beträgt heute 125 Milliarden und der schrittweiser Markteintritt von PostFinance keine Überhitzung bringt. Im Gegenteil: Wir sind überzeugt, dass PostFinance einen wichtigen volkswirtschaftlichen Beitrag leisten kann, gerade bei der Unterstützung des Gewerbes und der KMU. Dies hat die Kreditvergabe während der Covid-19-Notlage bewiesen. Auch die Eigentumsverhältnisse sind kein Argument: So haben die Kantonalbanken auch keinerlei Einschränkungen, obwohl sie der öffentlichen Hand gehören und sogar meist über eine allgemeine Staatsgarantie durch die jeweiligen Kantone verfügen. Die temporär limitierte Kapitalisierungszusicherung, die in der Vorlage des Bundesrates vorgesehen ist, dient einzig dazu, die ansteigenden Eigenkapitalvorgaben der Finanzmarktaufsicht (FINMA)Target not accessible aufgrund des Status als systemrelevante Bank sicherzustellen. Sobald das neue Geschäftsmodell mit Kredit- und Hypothekarvergabe greift, soll diese Zusicherung sukzessive reduziert werden. 

Was passiert, wenn die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots in der Vernehmlassung kritisch beurteilt wird und letztlich scheitert?

Auch wenn die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots nicht der einzige Schritt ist, der die Zukunft der PostFinance sichert, so würde eine Ablehnung der Vorlage das Geschäftsmodell der PostFinance gefährden und letztlich auch die Service-public-Leistungen der Post in Frage stellen. Damit bleiben auch die 2.7 Mio. Kundinnen und Kunden von PostFinance auf der Strecke. Dazu zählen zahlreiche Schweizer KMU, welche auf die Leistungen von PostFinance tagtäglich angewiesen sind. Die möglichen Erlöse aus dem Kredit- und Hypothekengeschäft dienen schliesslich der Schweizer Bevölkerung: Sie helfen mit, den Service public in der Schweiz zu erhalten und diesen weiterzuentwickeln, ohne dass die Steuerzahler dafür aufkommen müssen.

verfasst von

Camilla Krebs

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