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Tour de Suisse in der gelben Klasse

Tis Meyer hebt regelmässig ab und sieht die Schweiz meistens von oben. Vor seiner Ausbildung zum Piloten beschloss er, seine Heimat besser kennenzulernen und umrundete kurzerhand die ganze Schweiz mit dem Postauto.

Magalie Terre

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Tis Meyer sitzt auf dem vordersten Sitz im Postauto und schaut lächelnd aus dem Fenster.
Tis Meyer an der vordersten Front im Postauto. Copyright: CH Media / Sandra Ardizzone

Den Bachelor in der Hosentasche machte sich Tis Meyer an einem Sommertag 2015 auf den Weg zur nächsten PostAuto-Haltestelle in Zürich Wiedikon. Das ist der Anfang einer abenteuerlichen Reise, die ihn während fünf Monaten per Postauto entlang der Schweizer Grenze führte, vorbei an spektakulären Schluchten, durch malerische Täler und über zahlreiche Schweizer Pässe. Die Idee dazu entstand im Ausland. Tis Meyer bereiste drei Monate lang mit Fernbussen die USA – und entschied, auch seine Heimat auf diese Art kennen zu lernen. «Ich wollte die Vielfalt der Schweiz entdecken, neue Regionen aufspüren und abgelegene Bergdörfer besuchen».

Kindheitsträume kommen hoch

Tis Meyer ist in Zürich aufgewachsen und bezeichnet sich als typisches Stadtkind. Mit dem Postauto verbindet er viele schöne Kindheitserinnerungen. «Noch heute denke ich gerne an die Ausflüge hinauf auf die Alp im Säntisgebiet», sagt er. Sein Abenteuer mit dem Postauto entlang der Schweizer Grenze plante Tis Meyer sorgfältig und steckte sich zum Ziel, die 3575 Kilometer entlang der Schweizer Grenze ausschliesslich per Postauto und dort, wo es nicht anders ging, zu Fuss zu bewältigen. Ganze 230 Kilometer legte er wandernd zurück, um jeweils zur nächsten Haltestelle zu gelangen. Die Nächte verbrachte Tis in Hotels und Jugendherbergen – und kam hie und da mit den Einheimischen ins Gespräch. «Diese versorgten mich mit wertvollen Tipps für weitere Abstecher», erzählt Tis. Gleichzeitig habe er auch mehr über die kulturellen Unterschiede kennengelernt. «Die lockeren Romands, die gestressten Stadtmenschen oder die entspannten Bergler – die meisten immer für ein Schwätzchen bereit».

Das Postauto fährt auf einer engen Strasse, auf der rechten Seite knapp an einer Felswand vorbei. Links ist die Taminaschlucht.
Auf der Strecke von Gampel auf die Fafleralp zeigt sich das Lötschental in seiner ganzen Schönheit. Im Hintergrund türmen sich die schneebedeckten Berge. Copyright: Tis Meyer

Helden am Steuer

Immer wieder aufs Neue fasziniert war der Pilot vom fahrerischen Können der Chauffeure. «Oft steuerten sie ihre langen und hohen Fahrzeuge im Millimeterbereich», sagt er. Von seinem Stammplatz aus in der ersten Reihe fühlte er sich oft wie im Kino. «Die ganze Schönheit der Schweiz rauschte an mir vorbei», erzählt Tis. Seine Kamera hat der Hobbyfotograf stets dabei. Die besten Tipps kamen von den Chauffeuren, mit denen Tis ab und zu ins Gespräch kam. «Sie legten manchmal einen zusätzlichen Stopp ein, damit ich ein schönes Bild von einem Aussichtspunkt aus schiessen konnte», erzählt er. Einer verliess sogar kurzzeitig seine Route, um ihm einen besonderen Kreisel zu zeigen, der ihm am Herzen lag.

Das Postauto fährt auf einer sehr engen Strasse, neben einer Felswand und nahe dem Abgrund in eine tiefe Schlucht.
Im Sommer ist die Strecke mit dem Schluchtenbus von Bad Ragaz zum Alten Bad Pfäfers, durch die Taminaschlucht eine Abkühlung wert. Copyright: Tis Meyer

Nahe am Abgrund

Die Strecke von Sion nach Derborence hat es Tis Meyer besonders angetan. «Die Fahrt über die enge, kurvenreiche Strasse, oft nur ein paar Millimeter entfernt vom Abgrund in die Tiefen der Schlucht, das war purer Nervenkitzel», erzählt Tis. Im Lötschental wiederum, auf der Strecke von Gampel hinauf zur Fafleralp, war Tis überwältigt von der Schönheit der unberührten Natur. «Die ursprüngliche Landschaft im UNESCO Welterbe der Schweizer Alpen, von Gletschern geprägt, sind unvergesslich», sagt Tis. Mit dem Postauto hat der angehende Pilot sogar einen Höhenflug erlebt. Auf der Strecke Von Müstair nach Tirano führt die Fahrt auf das Stilfserjoch – der höchstgelegenen PostAuto-Haltestelle der Schweiz. «Auf der Passstrasse hinunter nach Bormio mussten wir Passagiere uns alle angurten – die italienischen Grenzwächter lassen diesbezüglich nicht mit sich spassen», erzählt Tis.

Das Postauto fährt auf einer sehr engen Strasse, neben einer Felswand und nahe dem Abgrund in eine tiefe Schlucht.
Die eindrückliche PostAuto-Strecke von Sion nach Derborence. Copyright: Tis Meyer

Seine erlebnisreiche Reise – in 42 Tagen per Postauto um die Schweiz – endete dort, wo er anschliessend sein nächstes langfristiges Abenteuer als Pilot in Angriff nahm – nämlich am Flughafen in Zürich.

Tis Meyer posiert vor einem Postauto, beschriftet mit Flughafen Zürich.
Endstation Flughafen Zürich. Hier steigt Tis als Pilot ins Flugzeug. Copyright: CH Media / Sandra Ardizzone

Tis Meyer präsentiert seine ganze Reise mit eindrücklichen Bildern auf seinem Blog postauto-schweiztour.chTarget not accessible und veröffentlicht seit August 2019 wöchentlich zwei Reiseberichte.

Reise in Zahlen

245 Postautofahrten
3346 Km mit dem Postauto
229 Km zu Fuss
Dauer der gesamten Reise: 163 Stunden

verfasst von

Magalie Terre

Redaktorin

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