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1000 Kilometer durch die Wüste

Séverine Maret hat nicht viel mit Motorsport am Hut – und in der Wüste war sie noch nie. Das hinderte sie nicht daran, gemeinsam mit ihrer besten Freundin an der wohltätigen Wüstenrallye «Trophée Roses des Sables» in Marokko teilzunehmen.

Magalie Terre

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Rallye-Auto fährt über einen steinigen Hügel. Im Hintergrund Sanddünen und das Zeltlager.
Séverine und Yannick brechen frühmorgens auf. Acht Stunden Fahrt über steinige Hügel und Sanddünen liegen vor ihnen. (Copyright: www.flash-sport.com)

«Bist du verrückt geworden?», fragte Séverine ihre beste Freundin Yannick, als sie ihr bei einem gemeinsamen Nachtessen vorschlug, an einer Wüstenrallye teilzunehmen. Ihr erschien die Idee total absurd, liess Séverine aber den ganzen Abend nicht mehr los und schlussendlich entschied sie sich, teilzunehmen. Das war vor zehn Jahren. In der Zwischenzeit ist viel passiert. «Wir haben beide eine Familie gegründet und waren mit anderen Dingen beschäftigt», erzählt Séverine. 2020 war es dann soweit. «Wir mussten ein passendes Auto besorgen und Geld auftreiben», sagt Séverine. Das Projekt fand bei den Angehörigen grossen Anklang. Schnell hatten sie mehr als das nötige Geld beisammen. «Das überschüssige Geld spendeten wir den beiden gemeinnützigen Walliser Organisationen – SOS enfants de chez nous und PAVAMA», so Séverine.

Séverine und Yannick hüpfen vor Glück in der Wüste.
Das unvergessliche Abenteuer in der Wüste hat die beiden noch enger zusammengeschweisst. (Copyright: www.flash-sport.com)

Fahren für einen guten Zweck

Die wohltätige Wüstenrallye wurde vor zwanzig Jahren von der gemeinnützigen Organisation «Enfants du Désert» ins Leben gerufen. Sie ist ausschliesslich für Frauen gedacht und setzt lediglich einen Führerausweis voraus. «Die jüngste Teilnehmerin war 23 Jahre alt und die älteste 82 Jahre», sagt Séverine. Neben dem humanitären Ziel, die Wüstenkinder mit Hilfsgütern zu unterstützen, gewinnt dasjenige Team, das die Strecke mit den wenigsten Kilometern bestreitet. Die diesjährige Rallye fand vom 12. bis 23. Oktober 2021 statt. 155 Teams waren am Start.

An der wohltätigen Wüstenrallye „Trophée Roses des Sables" werden Kinder mit Spenden in Form von Spielzeug, Hygieneartikel, Kleidung und Schulmaterial ausgestattet.
Rallye-Auto fährt in der Wüste, Sand wird aufgewirbelt.
Der goldene Saharasand hat seine Tücken: Séverine und Yannick fahren behutsam und mit wenig Luft in den Reifen, um nicht stecken zu bleiben. (Copyright: www.flash-sport.com)

40 Stunden auf hoher See

Aufgrund der Covid-Pandemie wurde der Start um ein Jahr verschoben. Das gab Séverine und Yannick die Gelegenheit, sich noch besser auf die Rallye vorzubereiten. Beide wohnen in Le Châble, im Wallis. «Der perfekte Ort, um unser neues Rallye-Auto zu testen», sagt Séverine. Sie selber übernahm die Rolle als Co-Pilotin und war zuständig fürs Kartenlesen. Im August dieses Jahres absolvierten die beiden einen zweitägigen Vorbereitungskurs in Südfrankreich. «Wir lernten, wie man Reifen und Öl wechselt, einen Kompass abliest und eine Roadmap anwendet», erzählt Séverine. Am 12. Oktober brachen die beiden Richtung Sète in Frankreich auf. «Unser Auto war vollbepackt bis in die hinterste Ecke», schmunzelt Séverine. Die 40-stündige Schiffsreise auf hoher See bis nach Marokko hatte es in sich. «Bei jedem Wellengang fiel ich beinahe aus meiner Koje», erinnert sich Séverine.

Ein Raclette in der Wüste

Insgesamt sechs Tage dauerte die Rallye durch Marokko, darunter die berühmte Etappe, an der die Teilnehmerinnen für 48 Stunden auf sich selber gestellt waren. «Wir schliefen alleine in unserem Zelt, fernab von jeglicher Zivilisation», erzählt Séverine. «Zum Abendessen gabs ein Walliser Raclette und einen edlen Tropfen Wein.» An den übrigen Tagen übernachteten wir mit den anderen Teilnehmerinnen in organisierten Zelten. Täglich fuhren sie um die acht Stunden von einem Ort zum nächsten. An den Toren der Sahara führte der Weg über spektakuläre Sanddünen. «Immer wieder mussten wir Luft aus den Reifen lassen und behutsam fahren, um nicht im Sand stecken zu bleiben.» Gross war die Erleichterung, als sie am letzten Tag die Ziellinie erreichten. «Bis auf einen Zwischenfall haben wir unser grossartiges Abenteuer unbeschadet überstanden», sagt Séverine. Nur einmal waren Sie knapp davor, aus der Rallye auszuscheiden. «Ein paar Kilometer vor der Ziellinie einer Etappe hatten wir keinen Sprit mehr. Mit den letzten Tropfen Benzin eines Mechanikers schafften wir es doch noch übers Ziel».

Das Rallye-Auto überquert die Ziellinie und wird von einheimischen Menschen applaudiert. Das Rallye-Auto überquert die Ziellinie und wird von einheimischen Menschen applaudiert.
Nach sechs Tagen Fahrt erreichen Séverine und Yannick die Ziellinie. (Copyright: www.flash-sport.com)

Zwei Wochen hat das unvergessliche Abenteuer gedauert. Nun sind Séverine und Yannick zurück in der Schweiz. «Wir schwelgen immer noch in den Erinnerungen», sagt Séverine. Ob die beiden bereit sind für ein weiteres derartiges Abenteuer? «Wir lassen uns überraschen.»

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Porträt von Séverine Maret

Séverine Maret

Séverine Maret ist 48 Jahre alt, wohnt in Versegères und arbeitet seit 25 Jahren leidenschaftlich gerne bei der Post. Sie ist Kundenberaterin am Postschalter und Mutter einer 8-jährigen Tochter.

verfasst von

Magalie Terre

Redaktorin