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Flugo, der bäumige Künstler

Als 6-Jähriger hielt Flugo das erste Mal eine Motorsäge in den Händen. Heute ist der gelernte Forstwart ein gefragter Künstler. Er fertigt mit der Säge Holzskulpturen, als wären sie von Hand geschnitzt. Auch für die Post, die im Rahmen ihres Wander-Engagements fünf Holzskulpturen bei ihm bestellte.

Magalie Terre

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Toni Flückiger stehe in seiner Werkstatt, im Hintergrund sieht man die verschiedenen Motorsagen. Er lächelt.
Toni Flückiger, den alle Flugo nennen.

Der 40-jährige Toni Flückiger, den alle Flugo nennen, ist mit seinem Bruder auf einem Bauernhof im Emmental aufgewachsen. Sein Vater, der in seiner Freizeit regelmässig holzte, nahm ihn so oft es ging mit in den Wald. 1997 begann er eine Lehre als Forstwart. «Schon früh wusste ich, was ich später werden wollte», erzählt Flugo. «Den Lehrvertrag hatte ich bereits in der 7. Klasse unterschrieben». Die Kunst des Sägens entdeckte er während seiner Lehre, am bernischen Holzerwettkampf. «Ich war hin und weg von den Motorsägekünstlern», erzählt er. «Aus einem einfachen Stück Holz kreierten sie wunderbare Holzfiguren». Von da an nutzte er jede freie Minute, um mit der Motorsäge schnitzen zu lernen. «Mein erster Auftrag waren zwei Bären», erinnert sich Toni. Dann folgten Eulen, Steinböcke und Adler.

Flugo steht in seiner Werkstatt, überall liegt Sagmehl. Er schnitzt ein Eichhörnchen für die Post. Hinter ihm steht ein Regal mit etwa 20 verschiedenen Motorsägen.
Flugo in seiner Werkstatt. Am liebsten kreiert er Tiere.

«Ich kann mich vor Aufträgen kaum retten»

Heute wohnt Flugo mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Grünenmatt im Emmental. Sein Bauernhaus steht auf einem typischen Emmentaler Hügel, umgeben von saftig grünen Wiesen, grasenden Kühen und Bäumen. Auf dem Hof hat er seine Werkstatt eingerichtet, seit 17 Jahren lebt die Familie von den Einnahmen aus seiner Kunst. Er kreiert Holzskulpturen auf Kundenwunsch – «am liebsten Tiersujets» - und tritt als Showschnitzer an Hochzeiten und Geburtstagsfesten auf. «Mein grösster Auftrag war ein 3,5 Meter langes und 2,5 Meter hohes Mammut», erzählt Flugo. Auf Wunsch baut er auch Blockhäuser. Während er sich voll und ganz auf seine Holzwerke konzentriert, kümmert sich seine Ehefrau um Administration und Buchhaltung.

Flugo schnitzt mit seiner Säge ein Eichhörnchen.
Aus einem Stück Holz entsteht eine Holzskulptur.

Aus Holz wird Kunst

Im Rahmen ihres Wanderengagements verlost die Post nun vier seiner Holzskulpturen. Einen Fuchs und einen Fischotter ihres Auftrags an Flugo hat er bereits geschnitzt. Nun ist das Eichhörnchen an der Reihe. Er steht in seiner Werkstatt, überall liegt Sägemehl und es duftet nach Wald. Das passende Stück Holz liegt vor ihm. «Ich stelle die Figuren fast immer ohne Skizzen her», sagt Flugo. Seine Holzlieferanten kommen ausschliesslich aus der Region, gelegentlich nutzt er Tannenholz aus seinem eigenen Wald. Unzählige Motorsägen in unterschiedlichen Grössen liegen fein säuberlich auf dem Regal. Er wählt ein grösseres Modell und legt los. Es dröhnt, Holzspäne fliegen umher und nach wenigen Minuten sind die Umrisse des Eichhörnchens bereits ersichtlich. «Für die Detailarbeit brauche ich Elektrogeräte», erzählt Flugo. Nach etwa dreissig Minuten ist das Eichhörnchen fertig. Es sieht verblüffend echt aus, mit seinem niedlichen Blick und dem buschigen Schwanz. «Jetzt braucht es nur noch eine Oberflächenbehandlung aus natürlichem Öl», erklärt Flugo. Man sieht ihm die Freude an seinem Beruf an. «Und wenn es doch einmal stressig wird, dann spiele ich gerne mit meinem Schwyzerörgeli und komme so zur Ruhe.».

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verfasst von

Magalie Terre

Redaktorin