Innovation & Technologie

InnoPodcast: Mit Datenethik aus dem Dilemma

Im InnoPodcast spricht Wolfgang Eger, CIO der Schweizerischen Post, über digitale ethische Dilemmas und darüber, warum auch die beste künstliche Intelligenz die wichtigsten Entscheidungen nicht abnehmen kann.

Stefan Kern

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Werden Cookies blockiert, ist das vielleicht für das Geschäftsmodell von Onlineshops kritisch, aber nicht für die analoge Welt der Post – könnte man meinen. Denn Pakete und Briefe werden mit oder ohne Cookies verschickt, der Umsatz ist nicht gefährdet. Doch hat die Digitalisierung auch die Post fest im Griff. «Wir können nicht einfach sagen, dass wir die Digitalisierung nicht mitmachen», sagt Wolfgang Eger, CIO und Mitglied der Konzernleitung der Schweizerischen Post. So geht das Briefgeschäft seit Jahren zurück, immer weniger Leute besuchen die Filialen, da sie Zahlungen und Co. online erledigen. Die Konsequenz: Auf ihrem Weg der digitalen Transformation will auch die Post immer mehr digitale Services anbieten (siehe hierzu InnoPodcast #46 mit Nicole Burth).

Welche Dilemmas beschäftigen die Post?

Dabei steckt die Post wie viele andere Firmen schon heute im ethischen Dilemma zwischen Digital Business und Digital Trust fest. «Viele drücken die AGB einfach weg, wenn sie online Services beziehen.» Dies kommt nicht von ungefähr. Firmen wollen, dass die AGB möglichst schnell akzeptiert werden, um das Nutzerverhalten nachvollziehen zu können. Das Problem: Unternehmen wollen auch im digitalen Raum vertrauenswürdig erscheinen. Wer seine Kunden aber dazu verleitet, nicht über Kleingedrucktes nachzudenken, erinnert mehr an einen zwielichtigen Gebrauchtwagenhändler als an ein Unternehmen auf Augenhöhe.

Warum wir uns bei autonom fahrenden Autos selbst im Weg stehen

Schnell wird klar: Mit zunehmender Digitalisierung nimmt auch die Anzahl der Dilemmas zu, wie das Beispiel von selbstständig fahrenden Autos zeigt. «Autonomes Fahren wird erst dann akzeptiert, wenn wir nachvollziehen können, wie die künstliche Intelligenz entscheidet.» Wenn eine Software entscheiden muss, ob das Auto zur Verhinderung eines Unfalls mit einem Kleinkind lieber eine betagte Person auf dem Trottoir anfährt, kann dies nicht nach dem Zufallsprinzip geschehen. «So etwas würde der Gesetzgeber kaum zulassen. Entscheidungsprozesse – auch solche von künstlicher Intelligenz – müssen basierend auf einer Datenethik nachvollziehbar sein.» Dies bedeutet: Solange wir als Gesellschaft keinen ethischen Umgang mit Daten finden, stehen wir uns bei selbstständig fahrenden Autos – und vielen weiteren Innovationen – selbst im Weg.

Wozu braucht es Datenethik?

Beim Thema Datenethik geht es auch ums Vertrauen. «Haben wir das OK unserer Kunden erhalten, müssen wir transparent darlegen, was wir mit den Daten machen – und was nicht.» Was er damit meint, führt Wolfgang Eger am Beispiel des schwedischen Möbelhauses Ikea aus: «Ikea gibt seinen Kunden Privatsphäre zurück, indem das Unternehmen offenlegt, was es über sie weiss, und indem es ihnen ermöglicht, selbst zu entscheiden, wie viel das Unternehmen über sie wissen soll.» 

Grundprinzipien der Digitalethik

Für einen ethischen Umgang mit Daten orientiert sich die Post an sechs Grundwerten, die als Leitplanken dienen. Es sind dies: Schadensvermeidung, Rechenschaft, Kontrolle, Transparenz sowie Gerechtigkeit und Autonomie. Zwei Werte nimmt der Host, Khalil Bawar, im Gespräch mit Wolfgang Eger unter die Lupe. 

Bei der Autonomie geht es darum, dass immer noch der Mensch – wie beim Beispiel Ikea – bestimmt, was ein Algorithmus für ihn entscheidet. Es werden Technologien eingesetzt (Privacy by Design), die zu einem sparsamen Umgang mit Daten führen. Zudem besteht die Absicht, relevante Anspruchsgruppen in den Entwicklungsprozess miteinzubeziehen (Partizipation).

Bei Gerechtigkeit ist es das Ziel, alle Menschen gleich zu behandeln. «Es kann beispielsweise nicht sein, dass ein Algorithmus bei der Vergabe von Kreditkarten Männer mit weisser Hautfarbe bevorzugt.» So etwas muss mit einer Datenethik verhindert werden und nicht erst diskutiert werden, wenn die Systeme schon im Einsatz sind. 

Wolfgang Egers Buchtipp und Verlosung

Wolfgang Eger ist es dabei wichtig, dass die Datenethik nicht zu einem weiteren Regelwerk wird, das Innovationen im Keim erstickt oder verzögert. Wie er das erreichen will, erläutert er im InnoPodcast. Jetzt reinhören!

Dabei geht Wolfgang Eger auch auf seinen Buchtipp «Invisible Hands – Wie Algorithmen die Gesellschaft von morgen ermächtigen und entmündigen» ein. Wir verlosen drei Exemplare. Einfach via espacelab@post.ch teilnehmen, und schon landet man im Lostopf für ein Exemplar mit Widmung von ihm.

Wolfgang Eger ist Chief Information Officer der Schweizerischen Post und seit 2021 Mitglied der Konzernleitung. Er emigrierte erst spät in die Welt der Briefe und Pakete. Bevor er zur Post stiess, hatte der geübte Softwareentwickler diverse Führungspositionen unter anderem bei der Swisscom inne. Studiert hat er Mathematik und Informatik an den Universitäten von Mannheim und Karlsruhe.

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verfasst von

Stefan Kern