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«Ursprünglich war mein Wunschtitel ‹der Pöstler›»

Thomas Pfenninger hat einen Roman über einen Briefträger geschrieben, der Gutes tun will. Warum sein Debutroman trotzdem nicht «der Pöstler» heisst, sondern «Gleich, später, morgen» und wieviel Autobiografisches darin steckt, erzählt er im Interview.

Sandra Liechti

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Thomas Pfenninger (*1984) wuchs in Zürich auf und lebt heute in Bern. Neben seiner Tätigkeit als freischaffender Autor und Texter arbeitete er neben anderem als Mediensprecher oder Kommunikationsbeauftragter für verschiedene Unternehmen in Zürich, Berlin und Bern. (Copyright: Sandra Liechti)

Thomas Pfenninger, herzlichen Glückwunsch zur Erscheinung Ihres Debutromans «Gleich, später, morgen». Wieso dieser Titel, wenn es doch hauptsächlich um einen Briefträger geht?

Im Arbeitstitel hiess das Buch auch tatsächlich schlicht «Der Pöstler». Das war auch mein Wunschtitel. Dann haben wir uns mit dem Lektorat und dem Verlag auf den jetzigen Titel geeinigt. «Pöstler» ist nur in der Schweiz gebräuchlich, nicht jedoch in Deutschland oder Österreich.

Worauf spielt der Titel an?

«Gleich, später, morgen» bringt die zentrale Idee des Buches auf Punkt: Man verstrickt sich in etwas, aus dem man nicht wieder herausfindet. Es werden immer wieder neue Grenzen überschritten. Es geht ums Aufschieben, um verpasste Momente, um Unausgesprochenes und um Einsamkeit.

Sie beschreiben die Aufgaben und das Berufsethos einer Briefträgerin/eines Briefträgers sehr genau. Waren Sie selber einmal Zusteller?

Nein, es war auch nie mein Berufswunsch. Die Figur des Briefträgers hat sich aber angeboten, um die Geschichten der verschiedenen Menschen im Quartier zu verbinden. Ausserdem haben die Leute recht ähnliche Vorstellungen davon, was ein Pöstler macht und was ihn ausmacht. Wir projizieren viele Qualitäten und Charaktereigenschaften in die Rolle eines Briefträgers. In ihrer Funktion sind sie Vertrauenspersonen, obwohl sie einem nicht wirklich nah stehen.

Wie ist denn so «ein Pöstler» genau?

Er bringt die Post, zuverlässig, pünktlich, ehrlich, pflichtbewusst, diskret. Also, ein hyperzuverlässiger Mensch, der extrem genau arbeitet. In meiner Geschichte will er darüber hinaus alles noch ein bisschen besser als nur gut machen. Und er will anderen damit Gutes tun.

Hat der Charakter etwas mit Ihnen zu tun?

(lächelt) Ja, da gibt es sicher gewisse Parallelen. Ich kann mich aber definitiv besser abgrenzen und merke, wann Grenzen überschritten werden. Eine weitere Parallele ist wohl, dass ich mir – wie «mein Pöstler» – sehr, sehr oft den Kopf über mich und meine Mitmenschen zerbreche.

Gibt es noch mehr autobiografische Züge in der Geschichte?

Ja, der Roman ist Ausdruck davon, wie ich die Welt sehe. Wir sind extrem oft auf uns selber zurückgeworfen. Jede und jeder hat seine Hoffnungen, Ideen, Probleme und endet meistens trotzdem allein damit. Der Briefträger ist in seiner Rolle ein Gegenentwurf dazu. Er kümmert sich nur noch um die anderen und nicht mehr um sich selbst und, so viel sei verraten, schiesst damit doch ein etwas übers Ziel hinaus.

Das ist also die Moral der Geschichte: Wir sind uns selbst am nächsten?

Wir verpassen vor lauter eigenen Sorgen, Wünschen und Plänen oft, wie es den anderen geht. Wir könnten ein grosses Miteinander sein, nur leider stehen wir uns immer noch selbst am nächsten. Am Ende scheint es auf die Binsenweisheit hinauszulaufen, dass alle halt doch nur ihre eigenen Probleme lösen können. Und trotzdem: Ich plädiere für mehr Empathie. Für mehr Wir und weniger Ich.

Gelbes Cover, ein Briefträger vor einem Briefkasten
«Gleich, später, morgen»: Der Debutroman von Thomas Pfenninger über einen Briefträger, der Gutes tun will. (Copyright: Sandra Liechti)

«Gleich, später, morgen» ist der Debutroman von Thomas Pfenninger.

Die Geschichte spielt 1991 im Stadtzürcher Friesenberg-Quartier, wo Pfenninger selber aufgewachsen ist. Der Briefträger stellt die Post – mehr oder weniger zuverlässig – tagaus tagein pünktlich «seinen» Kunden zu. Er versucht, ein guter Pöstler und ein guter Mensch zu sein. Dabei übertreibt er es manchmal mit seiner Gutmensch-Tour. So lange, bis sein Geheimnis platzt. Dabei will er eigentlich nur die Eine, Lauriane, die er auf seiner Tour nur von weitem sieht, wenn sie im Fensterrahmen auftaucht.

Die Buchtaufe findet am 8.3.22 in der Zürcher Bar-Buchhandlung SphèresTarget not accessible statt.

verfasst von

Sandra Liechti

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