Hintergründe
Briefe, Bsoffnig und berufliche Inklusion
Seit Mai arbeitet die Post am Alpenquai in Luzern mit dem Verein Wärchbrogg zusammen. Dieser bietet geschützte Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung. Zu Besuch in einer etwas anderen Filiale mit Partner.
Inhaltsbereich
An der Bäckereitheke ist Denise sichtlich in ihrem Element. Gut gelaunt ordnet die 44-Jährige Brot und Gebäck ein, das sie am frühen Morgen gebacken hat, und bedient an der Kasse die Kundschaft, die sich etwas für die Znünipause kaufen möchte. Denise arbeitet im stilvollen Lebensmittelgeschäft der Wärchbrogg. Der Laden am Alpenquai 4 in Luzern führt ein grosses Sortiment an unverpackten Lebensmitteln, Gewürzen aus fernen Ländern, Bio-Früchten und -Gemüse sowie Haushaltsprodukten und eine vielseitige Theke mit lokalen Wurst- und Käseprodukten (unbedingt den Bsoffnig-Käse probieren, wenn du mal dort vorbeikommst). «Ich arbeite seit zehn Jahren hier und es gefällt mir immer noch so gut wie am ersten Tag. Eigentlich sogar noch ein bisschen besser, jetzt wo ich auch den Postschalter bediene», sagt Denise.
Inhaltsbereich
Neue Kundschaft
Denn seit Mai gehören im Wärchbrogg-Laden auch Briefe und Pakete zum Arbeitsalltag. Die Institution Wärchbrogg wurde 1962 gegründet und ist in vier Bereichen aktiv: Detailhandel, Gastronomie, Logistik und Werkstatt. Sie bietet rund 180 geschützte Arbeitsplätze und baut Menschen eine Brücke zur Arbeitswelt, die Schwierigkeiten haben, im ersten Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Gemeinsam mit einem Team aus 4 Fachpersonen bedienen und beraten die Wärchbrogg-Mitarbeitenden die Kundschaft. Jede und jeder arbeitet im eigenen Rhythmus und nach eigenen Vorlieben.
«Seit ein paar Monaten hat sich unsere Kundschaft etwas verändert. Davor kauften vor allem Leute bei uns ein, die unsere Einrichtung unterstützen. Nun kommen zusätzlich Quartierbewohnerinnen und -bewohner, die etwas auf der Post erledigen wollen. Sie schätzen die Öffnungszeiten und den Zugang zu den Postdienstleistungen in unmittelbarer Nähe. Und das Positive am Monatsende: Seit wir den gelben Schalter haben, ist der Umsatz gestiegen», erklärt Nadia Laouini, die Leiterin des Ladens.
Inhaltsbereich
Anfangs skeptisch
Als die Zusammenarbeit mit der Post startete, waren die Mitarbeitenden des Ladens etwas skeptisch. «Die Menschen, die hier arbeiten, leiden unter psychischen Erkrankungen und kommen nicht gut mit Veränderungen und Neuheiten zurecht. Doch jetzt sind die Ängste verflogen», sagt Laouini, während Thiago, der im zweiten Lehrjahr ist, einem eleganten älteren Herrn mit prächtigem Schnurrbart hilft, auf dem Bildschirm zu unterschreiben, damit er seinen eingeschriebenen Brief erhält.
Manchmal kommt es auch zu Missverständnissen, zum Beispiel wenn Briefe oder Pakete, die abgeholt werden sollen, noch nicht vor Ort sind. «Es gibt Kundinnen und Kunden, die unsere Einrichtung nicht kennen und etwas ungehalten werden, was für unsere Mitarbeitenden mitunter schwierig ist. Aber es ist stets eine Leiterin oder ein Leiter da, um die Situation zu klären», so Laouini. Gleich ist es Mittagszeit, und zwischen den Regalen und an der Kasse nimmt der Betrieb zu. Laouini begrüsst noch schnell den Pöstler, der zwei Pakete bringt und zwei mitnimmt, bevor sie sich wieder ihren Mitarbeitenden widmet.