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«Das Ende des Verbrennungsmotors ist schon besiegelt»

Die Gesamtbilanz eines Elektroautos in der Schweiz ist schon heute besser als ein Fahrzeug mit einem Verbrennungsmotor. Das sagt Mobilitätsexperte Jörg Beckmann. Doch weshalb zweifeln viele Konsumenten?

Sandra Gonseth

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Jörg Beckmann im Gespräch.
Jörg Beckmann (51) ist Vizedirektor des Touring Club, Direktor der Mobilitätsakademie in Bern und Geschäftsführer von «Swiss eMobility» dem Branchenverband, der die Elektromobilität in der Schweiz fördert.

Herr Beckmann, was sagen Sie zum futuristischen Elektrobus in Schaffhausen (siehe Bild unten)?

Er zeigt klar, wohin die Reise geht. Auch im ÖV werden in den kommenden Jahren verbrennungsmotorische Antriebe verschwinden und durch batterieelektrische ersetzt werden.

Der spanische Elektrobus, der aussieht wie ein Tram.

Der spanische Elektrobus, der aussieht wie ein Tram, wurde Anfang Mai im Busdepot der Verkehrsbetriebe Schaffhausen der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach einer Pilotphase im Herbst 2019 entscheidet das Stimmvolk über die definitive Einführung. Die Munotstadt will als eine der ersten Städte in Europa komplett auf Elektrobusse umstellen.

Eine Vollelektrifizierung des Strassenverkehrs ist also nur noch eine Frage der Zeit?

In den kommenden Jahren werden die Autobauer immer mehr unterschiedliche E-Modelle auf den Markt bringen und holen so das heute schon vorhandene Kaufinteresse ab. In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre werden kaum noch Autos ohne Stecker in den Showrooms stehen. Das Ende des Verbrennungsmotors ist von Industrie und Politik eigentlich schon besiegelt.

Laut unserer Umfrage sind 8 Prozent der Postmitarbeitenden mit einem E-Auto unterwegs. Ist das viel?

Zurzeit sind das etwas mehr als der Anteil von E-Fahrzeugen am Neuverkauf. Dieser liegt in der Schweiz bei gut 5 Prozent. Zum Vergleich: In Norwegen hat bereits jedes zweite Neufahrzeug einen Stecker.

Die erste Wahl ist also immer noch das Benzinauto. Weshalb diese Zurückhaltung?

Gewohnheit sowie fehlende oder falsche Informationen. Technisch ist das E-Auto voll ausgereift. Reichweiten von 300 bis 400 Kilometer sind zunehmend Standard. Die Fahrenergieversorgung ist über die heimische Ladestation kein Problem mehr. Das öffentliche Ladenetz wächst und wird immer leichter zugänglich – auch wenn es bei sehr langen Fahrten noch etwas Planung braucht.

Viele Konsumenten haben Zweifel, ob ein E-Auto wirklich so umweltfreundlich ist …

Das ist ein gutes Beispiel für Falschinformationen! Die Zweifel entstehen mit der Vielzahl widersprüchlicher Aussagen in den Medien. Fakt ist, dass die Gesamtumweltbilanz eines E-Autos in der Schweiz schon heute besser ist als die eines Fahrzeugs mit einem Verbrennungsmotor. Das belegen die Lebenszyklusanalysen anerkannter Umweltforschungsinstitute, darunter auch jene der Empa (Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt).

Können Sie das näher erklären?

Mit der Energiewende speisen sich die Energieaufwände bei der Batterieherstellung noch stärker aus erneuerbaren Quellen. Und die Akkus werden nach ein paar 100 000 Kilometern im Auto als dezentrale Speicher weitergenutzt. Während die Elektromobilität so immer sauberer wird, legt der ökologische Rucksack fossiler Treibstoffe massiv an Gewicht zu.

Welche Anreize müssten denn geschaffen werden?

Die vielen privaten und öffentlichen Massnahmen im Rahmen der Schweizer «Roadmap Elektromobilität» leisten hier einen wichtigen Beitrag. So schaffen der Ausbau der Ladeinfrastruktur entlang des Autobahnnetzes, die Elektrifizierung betrieblicher Flotten oder die Festschreibungen zur E-Mobilität in den Bauverordnungen ein starkes Schweizer Anreizpaket, das auch international herausragt.

Werden wir in ferner Zukunft überhaupt noch eigene Autos besitzen?

Immer seltener, denn Startups und etablierte Player aus der Digitalwirtschaft und Verkehrsindustrie kommen mit neuen Mobilitätsdienstleistungen. Diese garantieren künftig individuelle Mobilität auch ohne privaten Fahrzeugbesitz.

Das bedeutet?

Was bislang eigentlich nur mit einem eigenen Fahrzeug möglich war, geht künftig eben auch mit immer grösseren Carsharing-Flotten oder Autos im Monats-Abo. Das vollautomatisierte Auto, das dann ohne individuellen Lenker nach Bestellung über die App vor die Tür rollt, wird sicherlich keinen privaten Halter mehr haben.

Erfahren Sie mehr!

Mehr zur Mobilität der Zukunft erfahren Sie an der Schweizer MobilitätsarenaTarget not accessible vom 16. – 19. September 2019 in Bern. Veranstaltet wird das grösste Verkehrsinnovationsforum der Schweiz von der Mobilitätsakademie des TCS, mit der Post als Premiumpartnerin.

Sehen Sie im VideobeitragTarget not accessible von Jörg Beckmann, wer alles an der Schweizer Mobilitätsarena dabei ist.

Anne Wolf, Leiterin Corporate Responsibility, Schweizerische Post.

Anne Wolf, Leiterin Corporate Responsibility, Schweizerische Post, und Vize-Präsidentin Swiss eMobility zur ElektromobilitätTarget not accessible

Copyright: Monika Flückiger, Michael Kessler

verfasst von

Sandra Gonseth

Redaktorin