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Sie stand auf den höchsten Gipfeln der Welt

Mariam Ktiri, Release Managerin bei PostFinance, ist auch Extrem-Bergsteigerin. Unglaublich: Die Deutsch-Marokkanerin bestieg zwischen Mai 2018 und 2019 die höchsten Gipfel der sieben Kontinente und zwei 8000er – Weltrekord!

Simone Hubacher

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Mariam Ktiri steht auf einem Berggipfel. Sie trägt eine Sauerstoffmaske und eine Ausrüstung für Bergsteiger.
Mariams unglaubliches Bergsteiger-Palmarès: Vor dem höchsten Berg Asiens, dem Mount Everest (Asien, 8848 Meter, 22. Mai 2019), und Lhotse (8516 Meter, 23. Mai 2019) hatte Mariam den Denali (Nordamerika, 6194 Meter, 28. Mai 2018) bestiegen, den Elbrus (Europa, 5642 Meter, 13. August 2018), den Kilimanjaro (Afrika, 5895 Meter, 24. September 2018), den Mount Vinson (Antarktis, 4897 Meter, 16. Dezember 2018), den Aconcagua (Südamerika, 6962 Meter, 12. Januar 2019) und die Carstensz-Pyramide (Ozeanien, 4884 Meter, 23. Februar 2019)

Ihre Geschichte mutet wie ein Märchen an: Im marokkanischen Casablanca aufgewachsen, verliess Mariam Ktiri als 19-Jährige ihr Land, um in Deutschland Betriebswirtschaft und Internationale Beziehungen zu studieren. «Das war ein Kulturschock! Aber das Eintauchen in diese neue Welt war auch mit einer starken Lernkurve nach oben verbunden.» Nach dem Studium in Berlin und Nizza und nach vielen Jahren als Unternehmensberaterin, in denen sie mehrheitlich aus dem Koffer lebte, verliebte sich Mariam – ihr neuer Lebensmittelpunkt war inzwischen München geworden – in Bayern in die Berge. «Dass ich Biss hatte und immer noch habe, wusste ich da schon.» Sie trat 2010 dem Deutschen Alpenverein bei und langsam reifte ihr verrückter Entschluss, die «Seven SummitsTarget not accessible» – die höchsten Gipfel der sieben Kontinente – zu besteigen. «Diesen Gedanken teilte ich aber nur mit der Familie.» Die Familie war es auch, die ihr diese starken Wurzeln gab. «Mein Vater gab uns Kindern prägende Sätze mit auf den Weg. Etwa: Verschieb nie auf morgen, was du heute erledigen kannst. Oder: Schau jeden Tag in den Spiegel und sag zu dir selbst "Ich bin schön, ich bin stark, ich bin intelligent."» Mariam ist überzeugt, dass genau diese Schlüsselsätze bei ihr schon als Kind den Entschluss reifen liessen, selbst eine grosse Athletin werden zu wollen. Dieser starke, innere Wunsch nach mehr tauchte in den Bayrischen Bergen wieder auf, als Kollegen von ihren Erlebnissen auf den höchsten Gipfeln der Erde erzählten. Sie wollte etwas Grosses erreichen – in einer für eine Araberin atypischen Sportart.

Mariam auf der Carstensz-Pyramide in Ozeanien. Sie hält eine marokkanische Flagge in die Höhe.
Mariam auf der Carstensz-Pyramide in Ozeanien.

Bild der arabischen Frau ändern

Mariam trainierte im Fitnesscenter härter als sonst, bald mit einem Personal Trainer, und setzte sich das Ziel, den Weltrekord zu holen – das heisst, die Seven Summits innerhalb von nur zwölf Monaten zu besteigen. «Ich wollte das unbedingt. Für Marokko, die arabische Welt. Aber auch für Deutschland. Ja, ich schminke mich, ja, ich bin klein und fein und passe nicht ins Klischee der Bergsteiger. Aber ich wollte es schaffen.» Mit der Zielsetzung begann auch die Suche nach Sponsoren, das Planen der Touren. «Ich habe grosse Unterstützung durch Freunde, Familie und Privatpersonen erfahren, die mich gesponsert haben. Sie alle sahen darin auch die Chance, die ich sehe: Ich möchte das Bild der arabischen Frau ändern. Glaube und Religion sind auf keinen Fall ein Widerspruch für solche Leistungen.» Schliesslich sei Marokko kein flaches Land, wie viele vielleicht glaubten: Zehn Viertausender und zahlreiche Dreitausender gibts dort.

Mitten in ihrem bisher intensivsten Jahr, im Herbst Oktober 2018, zog Mariam von München nach Bern, «um möglichst hoch, in den Alpen, trainieren zu können.»

Mariam Ktiri in ihrem Büro.
Mariam Ktiri arbeitet bei PostFinance. Copyright: Annette Boutellier

Einmalige Erfahrungen

Während die Besteigung des Kilimanjaro sieben Tage dauerte, war Mariam in Gruppen mit Sherpas am Everest und gleich anschliessend noch am Lhotse (zwei der 14 Achttausender der Welt) insgesamt zwei Monate lang unterwegs. Über Erlebnisse auf jeder einzelnen Tour könnte sie ganze Bücher schreiben; mit vielen anderen Bergsteigern steht sie noch immer in Kontakt. «Der Everest war ganz klar die Krönung. Trotz des Staus.» Denn an dem Tag, als Mariam auf dem Gipfel stand (22. Mai 2019), schaute die ganze Welt zum höchsten Berg der Erde; dort herrschte Chaos: Beim Abstieg ging es in einer Höhe von 8000 Metern über Meer während 1,5 Stunden nicht vorwärts – dies in der sogenannten Todeszone, wo die Luft enorm dünn ist. «Das war krass!»

Im September 2019 trat sie in der Bundesstadt ihre Stelle bei PostFinance an. Und macht ihre unglaubliche Geschichte weiter publik. Weiterklettern wird Mariam auch; «der nächste, der mich anzieht, ist der Cho Oyu im Himalaya. Es geht hier um eine Neubegehung, eine neue Route in Nepal. Jedoch kann ich das Projekt nur mithilfe von Sponsoren umsetzen.» Das Thema Finanzierung bleibe eine Herausforderung.

Die Rauheit der Natur hat es ihr angetan, deshalb gehört auch Segeln zu ihren grossen Leidenschaften. Wer weiss, was wir von dieser taffen Deutsch-Marokkanerin mit Wahlheimat Bern noch alles hören werden!

Instagram: @mariamktiriadventuresTarget not accessible

verfasst von

Simone Hubacher

Redaktorin

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