Mai-Thu Perret
In the sandalwood forest there are no ordinary trees, 2015
Glasierte Keramik, je 150 × 40 cm
Post Filiale,
1200 Genève 2, Cornavin Dépôt

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Mai-Thu Perret, In the sandalwood forest there are no ordinary trees (Im Sandelholzwald gibt es keine gewöhnlichen Bäume), 2015, Genève
Mai-Thu Perret, In the sandalwood forest there are no ordinary trees (Im Sandelholzwald gibt es keine gewöhnlichen Bäume), 2015, Genève

Im Innenhof des Postgebäudes von Montbrillant treten 14 Augäpfel aus einer langen, weiss verputzten, fensterlosen Wandfläche von 550 Quadratmetern hinaus. Die Augen blicken geradeaus in die gegenüberliegenden Büros auf der sechsten Etage. Die Künstlerin Mai-Thu Perret fertigte sie aus Keramik, jede Iris mit einer individuellen Glasur, Form und Farbe. Das weitläufige Gebäude hinter dem Bahnhof Cornavin aus dem Jahr 1984 wurde 2012 renoviert, da die Post ihre Briefverteilung neu organisierte. Damit wurde viel Bürofläche frei. Die Post nutzt das Gebäude seither mit dem Amt für Arbeitsvermittlung, dem Sozialversicherungsamt und dem Hospice général. Diese vielfältige Nutzerschaft galt es bei der Entwicklung einer Idee für das Kunst-am-Bau-Projekt zu berücksichtigen.

Die Nutzerinnen und Nutzer des Gebäudes beklagten sich über die desorientierend wirkende «blinde Wand» im Innenhof, weshalb diese im Rahmen des Wettbewerbs für Kunst am Bau als Ort für eine künstlerische Intervention festgelegt wurde. Die «Blindheit» der Wand inspirierte Perret zu ihrem Projekt mit den sehenden Augen. Die Künstlerin versteht die Augen hier als Glücksbringer, wie sie in verschiedenen Kulturen in Form von Keramikamuletten getragen werden. Sie sollen all jenen Glück und Schutz bringen, die das Areal frequentieren. Mai-Thu Perret war es ein Anliegen, der funktionalen Architektur mit den Augen etwas Organisches, Spielerisches, Surrealistisches und Handgemachtes entgegenzusetzen.

Mai-Thu Perret (1976, Genf) ist eine der erfolgreichsten Schweizer Künstlerinnen ihrer Generation. Sie arbeitet multimedial, wobei das Kunsthandwerk in ihrem Schaffen eine zentrale Rolle einnimmt. Sie verknüpft oft literarische Texte mit ihrer bildnerischen Praxis. Ein zentraler Bezugspunkt ihrer Arbeit ist eine feministische Gemeinschaft in New Mexiko, die sie selbst erdichtet hat. Der Körper oder Fragmente des Körpers – wie hier die Augen – sind in Perrets Werken immer wieder präsent. (JI)

Maria Pomiansky, 2022/2023, Filzstift auf Papier / Mai-Thu Perret, In the sandalwood forest there are no ordinary trees, 2015, Genève
Maria Pomiansky, 2022/2023, Filzstift auf Papier / Mai-Thu Perret, In the sandalwood forest there are no ordinary trees, 2015, Genève