Walter Kretz
Schanzenpost, 1971
Beton, 950 × 500 cm
Post Filiale,
3000 Bern 1 PostParc

Inhaltsbereich

Walter Kretz, Schanzenpost, 1971, Bern
Walter Kretz, Schanzenpost, 1971, Bern

Für die Postautostation der Schanzenpost entwarf Walter Kretz 1971 einen monumentalen Betonguss. Das dreidimensionale Werk nimmt die gesamte Stirnwand des Schwesterhauses der Burgergemeinde Bern ein. Sechs Betongelenke scheinen aus den Inneren des Gebäudes hinauszutreten und setzen dem nüchternen, statischen Bau ein dynamisches Element entgegen. Sie muten an wie Pfeile, die den Weg einer Postautofahrt andeuten. Ihre implizite Bewegung passt zu diesem umtriebigen Verkehrsplatz.

Walter Kretz’ (1942, Steckborn) Werke prägen den öffentlichen Raum von Bern. Sie sind oft spielerisch und humorvoll, davon zeugen etwa Schrein (1979/80) im Marzilibad und Sackma (1983) am Ufer der Aare. Der gelernte Steinbildhauer arbeitet ab 1968 hauptsächlich mit dem Werkstoff Beton, was in der Kunst – im Gegensatz zur Architektur – zu der Zeit nicht üblich war. Es war eher Buntheit und Kunststoff angesagt. Doch auch Kretz setzte Kunststoff in seinem Werkprozess ein: Er verwendete geschäumtes Polystyrol für die Schalung des Betongusses. Reste des Polystyrols lassen sich immer noch am Werk finden, genauso wie Fussspuren des Künstlers und Kesselabdrücke. Diese zeugen davon, dass Kretz Beton als Material auch deshalb schätzte, weil es ein solides Handwerk war, das er auch selbst ausführen konnte. Von seinen Skulpturen fertigte er im Nachhinein oft Zeichnungen und Druckgrafiken an. Sein Spätwerk umfasst hauptsächlich Malerei und Gedichte.

Die Hochbauabteilung der PTT schrieb für die Schanzenpost einen offenen Wettbewerb aus. 34 Kunstschaffende aus der Region Bern reichten einen Entwurf ein, wovon sechs prämiert wurden. Die Eingaben wurden anonym juriert. In den 1970er-Jahren war das Werk von einer stimmigen Bepflanzung eingefasst. Eine Umgestaltung des Platzes wirkte sich nachteilig auf dessen Wirkung aus: Heute stehen zwei nüchterne Bänke davor, der Grünstreifen ist verschwunden. Diese neue Situation animierte die Graffiti-Szene, sich des Werks zu bemächtigen. Im Rahmen eines Studienauftrags der Post an den Studiengang Konservierung und Restaurierung der Hochschule der Künste Bern wurden die Möglichkeiten einer Restauration erforscht. Die Zukunft des Werks ist jedoch aufgrund der Umgestaltung des Bahnhofsareals und geplanter Baumassnahmen der Burgergemeinde ungewiss.

Maria Pomiansky, 2022/2023, Filzstift auf Papier / Walter Kretz, Ohne Titel, 1971, Bern
Maria Pomiansky, 2022/2023, Filzstift auf Papier / Walter Kretz, Ohne Titel, 1971, Bern