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1870

«Gruss aus …»

Als viertes Land der Welt führt die Schweiz die Postkarte ein. Das Porto kostet nur die Hälfte eines Briefportos. Mit dem Aufblühen des Tourismus kommt es in den folgenden Jahrzehnten zu einem wahren Postkartenboom.

Postkarte von ca. 1900 mit Bild und Beschriftung «Gruss aus Luzern». Quelle: Gebrüder Metz, Kunstverlags-Anstalt Basel (Hg.) / Museum für Kommunikation

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Im Oktober 1869 wird in Österreich die erste Postkarte verschickt. Sie heisst noch «Correspondenzkarte» und ist ohne Bild. Die österreichisch-ungarische Post vermerkt darauf vorsorglich, man übernehme «keine Verantwortlichkeit für den Inhalt der Mitteilungen». Denn die Postkarte widerspricht dem Briefgeheimnis. Der Erfolg der neuen Karten ist überwältigend, da diese nur das halbe Porto eines Briefes kosten und einfacher zu beschreiben sind. Einige Monate später – 1870 – führt die Schweiz als viertes Land weltweit die Postkarte ein. Bis 1874 ist diese nur im Inland zugelassen.

Die Postkarte erlaubt Zeitgewinn in der Kommunikation und passt perfekt in die Zeit der Industrialisierung: Firmenlogo, Absenderadresse und der gewünschte Text werden in der Geschäftskorrespondenz vorgedruckt. Insbesondere Hoteliers, Bäder und Handelshäuser setzen die neuen Postkarten als Werbeträger ein.

«Seht her, so schön hab ich es hier!»

Erste Karten mit Bildsujets tauchen Anfang der 1870er-Jahre auf. Und damit praktisch gleichzeitig wie der aufblühende Tourismus, der sich in den folgenden Jahrzehnten zum Massengeschäft entwickelt. Bei den Reisenden entsteht das Bedürfnis, die Daheimgebliebenen zu grüssen und ihnen zu beweisen, dass man bestimmte Ausflugsziele gesehen hat. Die mittlerweile verbreitete Fotografie ermöglicht das Versenden von Aufnahmen aus dem Urlaubsort im Sinne von: «Seht her, so schön hab ich es hier!».

Postkarte von ca. 1900, Rückseite mit Adresse, Poststempeln und Frankierung. Quelle: Museum für Kommunikation
Postkarte von ca. 1900. Quelle: Museum für Kommunikation

Diesen Ansichtskarten fehlt jedoch zunächst die Farbe. Foto-Ansichtskarten werden Abzug für Abzug per Hand koloriert, oft mittels Schablonen. Effizienter geht es erst, als in Zürich bei Orell Füssli das Photochrom-Verfahren erfunden wird. Dabei wird das Schwarz-Weiss-Negativ auf bis zu 16 lichtempfindlich gemachte Steine projiziert, die danach in verschiedenen Farben gedruckt werden. Ab 1930 läuft das Ansichtskartengeschäft nicht mehr mit Photochrom-, sondern mit echten Farbfotos.

Der Postkartenboom dauert bis zum Ersten Weltkrieg. Auf dem Höhepunkt, 1913, werden in der Schweiz 112,5 Millionen gedruckte Postkarten umgesetzt. Während Ansichtskarten privat produziert und vertrieben werden, ist es bei den Postkarten mit aufgedruckter Briefmarke ausschliesslich die Post, die diese verkauft. Ansichtskarten sind seit jeher auch Sammlerobjekte. Insbesondere das Bildmaterial der Ansichtskarten von 1880 bis 1940 ist aus historischer wie aus kunsthistorischer Sicht von grosser Bedeutung.


Quellen:

Kurt Moritz Käppeli: «Ansichtskarten», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.09.2019, online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/031213/2019-09-18Target not accessible

https://www.swissinfo.ch/ger/alle-news-in-kuerze/150-jahre-postkarte---und-der-schweizer-trick--der-sie-bunt-machte/45267158Target not accessible

Karl Kronig, Museum für Kommunikation (Hg.): Ab die Post! 150 Jahre schweizerische Post, Bern 1999.

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