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Ab 1972

Die Kaderlaufbahnen werden durchlässiger

Die Kaderlaufbahn bei der Post steht neu auch Frauen offen. 1974 nehmen die ersten Frauen in der Männerdomäne Bahnpostdienst ihre Tätigkeit auf. Dieser gilt als Kaderschmiede der PTT.

Anna Nater, die erste Frau bei der Bahnpost. Quelle: Museum für Kommunikation

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Seit der Gründung der schweizerischen Post 1849 dominieren Männer das Berufsbild der Beamten. Trotzdem bekleiden Frauen immer wichtige Posten, wenn auch in schlechtergestellten Arbeitsverhältnissen. Lange Zeit sind die meisten Berufe bei der Post klar einem Geschlecht zugeteilt – dabei orientiert man sich an Stereotypen. Die meisten Frauen arbeiten in ausführenden Funktionen am Schalter, im Postcheckdienst und in der Verwaltung.

Mitarbeiterinnen im Postcheckamt, ca. 1940. Quelle: PTT-Archiv
Als «Gehilfinnen» angestellte Frauen im Postcheckamt, ca. 1940. Quelle: PTT-Archiv

Zwar leitet in kleineren Poststellen manchmal die als Assistentin ausgebildete Ehefrau des Posthalters inoffiziell das Postbüro. Aber offiziell gibt es noch keine Chefinnen. Zudem: Als Gehilfinnen nehmen Frauen häufig ähnliche oder gleiche Aufgaben wie ihre verbeamteten männlichen Kollegen wahr, sind aber in der Lohnklasse tiefer eingestuft. Auch im geachteten Dienst der Sozialberatung der PTT arbeiten vorwiegend Frauen und übernehmen damit besonders belastende Betreuungs- und Unterstützungsfunktionen.

Vermutlich Posthalter-Ehepaar und zwei weibliche Angestellte bei der Arbeit im Postbüro in Hombrechtikon, ca. 1910. Quelle: PTT-Archiv
Vermutlich Posthalter-Ehepaar und zwei weibliche Angestellte im Postbüro in Hombrechtikon, ca. 1910. Quelle: PTT-Archiv

Physisch anstrengende Arbeiten hingegen sind über lange Zeit Männerdomänen: Der Einsatz als uniformierte Pöstlerin in der Zustellung, im Umlad- und im Versanddienst bleibt Frauen bis Anfang der 1970er-Jahre verwehrt. Genauso der Bahnpostdienst, der als Karrieresprungbrett gilt – und generell der Aufstieg in Kaderfunktionen. Männer bestimmen über die Frauen: Die Väter, später die Ehemänner, erteilen die Erlaubnis zur Arbeit. Die männlichen Vorgesetzten legen die Kriterien zur Einstellung fest. Wollen verheiratete Frauen weiterhin ihrer Arbeit nachkommen, regt sich männlicher Widerstand. Dies schränkt ihre Selbstbestimmung und die berufliche Verwirklichung ein.

Die Frauen erkämpfen sich ihren Platz

Im Normalbetrieb sind die Stellen für männliche Arbeitskräfte reserviert. In Kriegszeiten oder bei Personalmangel hingegen ist der Postbetrieb auf Frauen angewiesen. Plötzlich verrichten sie Arbeiten, die man ihnen vor und nach der Krise nicht zutraut. Auch wenn Kosten gespart werden müssen, setzt man auf Frauenarbeit: Denn Gehilfinnen ohne Beamtenstatus werden beispielsweise schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.

Zwei Briefträgerinnen 1945 in Bern während der Mobilmachung im Zweiten Weltkrieg. Quelle: Museum für Kommunikation
Briefträgerinnen 1945 in Bern während der Mobilmachung im Zweiten Weltkrieg. Quelle: Museum für Kommunikation

1972/73 werden die Karrierelaufbahnen durchlässig; Frauen dringen in die Männerdomänen des Postbetriebs vor und steigen vereinzelt in Kaderpositionen auf. In den 1990er-Jahren herrscht Aufbruchstimmung: Die PTT beginnt, Karriereförderung zu betreiben und echte Gleichberechtigung anzustreben. Auch wenn ein Teil der Männer befürchtet, die Privilegien zu verlieren.

Ehemalige PTT-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter berichten

Quelle: Oral-History-Plattform des PTT-Archivs: https://www.oralhistory-pttarchiv.ch/de/themes/vorschriftenTarget not accessible

«Türöffnerinnen» bei der Post

  • Claire Buner ist ab 1971 als erste Wagenführerin bei Postauto angestellt. Sie befährt die Strecke Jonschwil–Uzwil
  • Anna Nater und Priska Häne starten 1974 im Bahnpostdienst
  • Paula Vetsch-Sarner wird 1981 die erste Leiterin eines Postamts (Basel 27) zu PTT-Zeiten
  • Elsa Baxter leitet ab 2000 die Organisationseinheit Briefmarken und Philatelie und ist damit direkt dem Konzernchef unterstellt
  • Susanne Ruoff wird 2012 zur Konzernleiterin der Post gewählt

Fundstück aus dem PTT-Archiv: Heirat gleich Ende der Berufstätigkeit

Verheiratung bedeutete für eine Telefonistin oder eine Gehilfin im Postcheckbüro meistens das Ende ihrer Berufstätigkeit. Die Postverwaltung begründete dies 1922 unter anderem damit, dass verheiratete Frauen durch eine Berufstätigkeit jemand anderem, der es nötiger hätte, eine Verdienstmöglichkeit nehmen würden. Ehepaare als Doppelverdiener hätten «eine Häufung von Einkünften» erreicht.


Quellen:

Onlinegalerie PTT-Archiv: https://www.mfk.ch/ptt-archiv/vermittlung/galerien/jahresdossiers/Target not accessible

Oral-History-Plattform des PTT-Archivs: https://www.oralhistory-pttarchiv.ch/de/themes/vorschriftenTarget not accessible

Walter Knobel, Schweizerische Post (Hg.): Gelb bewegt. Die Schweizerische Post ab 1960, Bern 2011.

Geschichte von Postauto: https://www.postauto.ch/de/geschichte-von-postauto

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