Hintergründe

Reise durch die Nacht

In den nächsten Wochen meistern unsere Mitarbeitende wieder eine besondere Herausforderung – die Vorweihnachtszeit beginnt und damit für die Post die anspruchsvollste Zeit des Jahres. Wir haben ein Paket auf seiner nächtlichen Reise quer durch die Schweiz begleitet.

Claudia Iraoui

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Paketzentrum Härkingen (SO) in der Nacht mit Kran, Lastwagen und Zügen.
Ansicht aus der Vogelperspektive des Paketzentrums Härkingen (SO). Hier ist die Rushhour die Nacht, wenn Züge und Lastwagen unablässig ankommen und wegfahren. (Copyright alle Bilder: Yves Bachmann)

Es ist später Nachmittag, als unser Priority-Paket seine abenteuerliche Reise startet: Sie beginnt in Genf und führt durch die halbe Schweiz bis ins Tessiner Dorf Castel San Pietro. Das Paket durchquert drei Sprachregionen, legt etwa 460 Kilometer zurück, benutzt acht Transportmittel und geht durch die Hände unzähliger Personen. Los gehts in der gut besuchten Genfer Filiale Carouge. Um 15.50 Uhr wird das Paket unter der Glasscheibe des Schalters durchgeschoben und mit einem Barcode versehen. In diesem Code stecken sämtliche Informationen für seine Reise.

Ein Mitarbeiter der Post frankiert in der Filiale Carouge (GE) ein weisses Paket.

Es wird zu seinen Priority-Kollegen in die Rollbox gelegt, die bald darauf durch die Hintertüre der Filiale geschoben wird. «Heute war viel los, zwischen 14 und 16 Uhr wurden 348 Sendungen aufgegeben», sagt Filialmitarbeiter Nelson Godinho. Das Paket verschwindet mit haufenweise anderer Post im Inneren eines Lastwagens. Genau um halb fünf fährt dieser los – quer durch die Genfer Innenstadt. Eine halbe Stunde später lädt der Fahrer seine Brief- und Paketfracht auf der Rampe des Genfer Verteilzentrums Montbrillant ab.

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Auf dem Weg nach Daillens

Alexandre Tamborrini, Leiter Rampe und Planung, überwacht das ständige Hin und Her von Lastwagen und Rollwagen mit Adleraugen. «Von hier aus versenden wir jeden Tag rund 9000 Pakete»,  sagt er. «Etwa 80 Prozent werden auf der Schiene befördert, der Rest per Lastwagen.»  Die drei grossen Paketzentren der Post – Daillens (VD), Härkingen (SO) und Frauenfeld (TG) – sind alle mit Schienen verbunden. 

Kurz nach halb sechs geht die Reise des Pakets weiter: Im Innern eines gelben, 17 Meter langen 27-Tönners. Der Lastwagen taucht in die Lichter der Stadt ein und kurvt geschickt durch den Feierabendverkehr. Kurz nachdem er den stolzen Sitz der Vereinten Nationen passiert hat, spurt er auf die Autobahn Richtung Lausanne ein. Abseits des lärmigen Verkehrs läuft ein stimmungsvolles Kontrastprogramm: Die Abendsonne leuchtet warm, friedlich erstreckt sich der See und in der Ferne guckt weiss verschneit der Gipfel des Mont Blanc zwischen den Wolken hervor. Gut 70 Kilometer später verlässt der Camion im waadtländischen La Sarraz die Autobahn. Nun ist es nicht mehr weit bis zur nächsten Station: Exakt eine Stunde nach der Abfahrt in Genf kommt der Transporter beim Paketzentrum Daillens an. Er dockt mit seiner Fracht an einer der 123 Andockstellen an. Der Inhalt des Containers wird ins Paketzentrum geschoben.

Förderbänder und Rutschen

Der Lärm im Innern ist ohrenbetäubend, die Anlagen sind laut. 2,3 Kilometer Förderband laufen und rattern hoch über den Köpfen der Mitarbeitenden 
quer durch die Halle. Die Pakete sind mit schnellen 6,8 Stundenkilometern unterwegs. Insgesamt zweigen 325 Rutschen von den Bändern ab. Unser Paket ist eines der 170 000 Pakete, die hier täglich sortiert werden. Auch unseres rauscht an den rot leuchtenden Lichtern vorbei: Hier werden die Adressen und Bar codes eingelesen. Wenn die Adresse unleserlich ist, muss das Paket in die Videocodierung abzweigen. Unsere Fracht gelangt ohne Umweg zu all den andern Paketen, die auch nach Härkingen reisen wollen. Hier wird es in eine der vielen, allgegenwärtigen Rollboxen verstaut und danach mit all den anderen Kartons in den Container verladen. Unser Paket fährt um 19.30 Uhr in Richtung Härkingen los: zum grössten Paketzentrum der Schweiz.

In Härkingen heben Kräne die Container an.

Der Tanz der Kräne

Während der Güterzug mit seinen Containern losfährt, dunkelt es ein. Die Schienen reflektieren das letzte Tageslicht. Als der Zug um 20.57 Uhr im Paketzentrum Härkingen eintrifft, ist es bereits Nacht. Das Gelände rund um das Zentrum ist in gelbes Scheinwerferlicht getaucht. Nun heisst es: umladen. Zwei riesige Kräne bewegen sich in einem hypnotisierenden Tanz lautlos hoch über den Geleisen. Sie hieven die Container hoch, lassen sie durch die Luft schweben und setzen sie wieder ab. Es ist Gewichtheben für Fortgeschrittene: Die Kräne können bis zu 16 Tonnen stemmen. Einer der beiden hebt den Container an und lädt ihn um: Er stellt den riesigen gelben Behälter auf den Güterzug ins Tessin – unser Paket kommt zu all jener Fracht, die ebenfalls in den Süden transportiert wird. Die Massen und Mengen sind beeindruckend: Auch drinnen ist fast rund um die Uhr viel los. Jede Nacht durchlaufen in Härkingen rund 350 000 Pakete die Sortieranlage.

 

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Um 23.43 Uhr fährt der Zug in Richtung regionales Paketzentrum Cadenazzo ab. Mit monotonem Rattern durchquert er die schlafende Schweiz. Diese nächtliche Direktverbindung von Härkingen ins Tessin gibt es nur für den Cargozug voller Pakete und für den Lokführer. Nicht aber für weitere Passagiere.

Musik und Kaffeeduft

Um 2.19 Uhr kreischen die Bremsen des Güterzuges im Bahnhof Cadenazzo. Der Kranführer der SBB übergibt die gelben Container dem Fahrer der Post, der sie per Lastwagen ins fast nigelnagelneue regionale Paketzentrum bringt. Es wurde gerade erst vor zwei Jahren eröffnet. Jeder Container kommt auf eine Rampe. Fröhliche Radiomusik tönt in die Stille der Nacht. Die Anlagen sortieren die ankommende Ware, am Tor 303 wartet schon der Lastwagen.

Ein elektrischer Scooter fährt im Morgengrauen von der Halle los.

Um vier Uhr reist unser Paket im voll beladenen gelben Camion weiter Richtung Süden. Kurz nach 6 Uhr erreicht es seine zweitletzte Station, die Zustellstelle Mendrisio. Die Arbeit ist streng. «Am Dienstag gibts immer mehr zu tun als sonst, weil all die Ware ankommt, die am Wochenende online bestellt wurde», sagt Ennio Figini, der die Zustellregion Mendrisio leitet. 34 Elektroroller und 27 Elektroautos stehen in der Halle bereit, in Reih und Glied aufgereiht. Während die Fahrzeuge mit Briefen und Paketen beladen werden, verbreitet sich Kaffeeduft im Raum. Es riecht gut, die Stimmung wird wacher, die Mitarbeitenden werden gesprächiger. Endlich dämmert der Morgen.

Eine glückliche Empfängerin erhält ihr Paket.

Bald ist Mara Martinelli bereit. Die junge Pöstlerin hat das weisse Paket aus Carouge in ihrer Ladung. Es ist kurz nach halb acht, als sie auf den Elektroroller aufsteigt und Richtung Castel San Pietro losfährt. Unser Paket hat sein Ziel bald erreicht. Nach 460 Kilometern Fahrt und 17 Stunden, nachdem es in Genf in die Rollbox gelegt wurde, kommt es wohlbehalten bei der Empfängerin an. Der Tag hätte nicht besser beginnen können – und die Reise nicht besser enden.

verfasst von

Claudia Iraoui

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