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Nach 50 Dienstjahren bei der Post geht Michel Gerber in Pension

Bereits vor zwei Jahren hätte er in den wohlverdienten Ruhestand treten können, aber mit 67 ist er immer noch dabei. Offenbar fühlt er sich bei der Post am IT-Standort in Neuenburg mit Blick aufs «Meer» wie ein Fisch im Wasser. Doch bald schon schlägt die Stunde der Freiheit, am 1. März, am Tag der Unabhängigkeit Neuenburgs. Begegnung mit einem Vollblutmitarbeiter, der dem gelben Riesen seit 50 Jahren die Treue hält.

Corinne Tschanz

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Ein Mann grüsst vor einem Fenster mit Blick auf den Neuenburgersee.
Michel Gerber geht am 1. März in den verdienten Ruhestand, nachdem er während 50 Dienstjahren fast alle Tätigkeiten bei der Post ausgeübt hat.

«Ich bin bereit. Am 1. März schlage ich ein neues Kapitel auf, werde mehr Golf spielen, Motorrad fahren und in der Nähe meines Walliser Maiensässes im Winter Ski fahren», meint Michel Gerber zufrieden, aber auch etwas wehmütig. Michel Gerber wurde in Saint-Imier geboren und wäre eigentlich seit zwei Jahren im Ruhestand. Doch bei der Post kann man mit Zustimmung des Arbeitgebers bis zum Alter von 67 Jahren weiterarbeiten. Für Michel Gerber war mit 65 Jahren die Zeit noch nicht reif: «Meine Kinder meinten, ich sei noch viel zu jung für die Pensionierung, deshalb beschloss ich weiterzuarbeiten, aber nur noch zu 50 Prozent», sagt er lachend. «Das Team und das Arbeitsklima im IT-Zentrums der Post in Neuenburg sind einfach toll.» Und Michels Fähigkeiten sind auch heute noch gefragt: Baptiste Lanoix, sein Chef, gibt unumwunden zu, dass er ihn gerne noch länger behalten hätte.

Faktotum

In der Tat: 50 Jahre bei der Post sind eine lange Zeit. Michel Gerber erklärt ohne Umschweife: «Ich habe alles gemacht bei der Post!» Da er gerne draussen ist, machte er 1972 eine Lehre als Briefträger und übernahm Vertretungen im 4. Postbezirk, der damals Neuenburg, Jura, den Berner Jura und Biel umfasste und dessen Sitz sich im Hôtel des Postes in Neuenburg befand. Er machte auch Vertretungen als Posthalter. Anfang der 80er-Jahre ging er nach Zürich, um seine Briefträgerkollegen zu vertreten. «Das war sportlich, da ich die Stadt ja nicht kannte. Ich kam morgens, erhielt einen Stadtplan und musste dann oft nach dem Weg fragen», erinnert er sich lachend.

Michel Gerber freut sich darauf, den ganzen Winter über seiner grossen Leidenschaft seit Kindertagen, dem Skifahren, zu frönen.
Michel Gerber freut sich darauf, den ganzen Winter über seiner grossen Leidenschaft seit Kindertagen, dem Skifahren, zu frönen.

Weil Michel Gerber gerne unterwegs ist, hatten diese Vertretungen jedoch durchaus ihren Reiz: «Ich strebte keine Karriere an und nahm oft unbezahlten Urlaub, um meiner Leidenschaft, dem Skifahren, nachzugehen.» Er nahm auch mehrmals an Skimeisterschaften der Post teil. 1984 heiratete er und nahm eine Lehre als Betriebssekretär in Angriff. Er arbeitete auch im Bahnpostdienst und stand oft um 4 Uhr in der Früh auf, um in den Nachtzügen Post zu sortieren. «Das war eine angesehene Funktion, und bei einigen Kollegen flossen die Tränen, als sie aufgehoben wurde, weil in den 1990er- und 2000er-Jahren mit dem Bau der ersten Sortierzentren begonnen wurde.»

Vom Informatik-Virus infiziert

Danach stiess Michel Gerber zur Kreispostdirektion in Neuenburg im geschichtsträchtigen Hôtel des Postes. Und dort steckte er sich mit dem Informatik-Virus an. Neugierig und umtriebig wie er ist, entwickelte er zunächst ein Programm, das die Lohnerfassung des Postautodiensts der Kreispostdirektion erleichterte. «Informatik war für die Post damals noch ein Fremdwort, das änderte sich erst Ende der 80er-Jahre.» Mit 40 Jahren begann er einen vierjährigen Abendkurs und bildete sich zum Wirtschaftsinformatiker aus: «Ich war für diese jungen Lernenden schon etwas der Opa.» Gleichzeitig baute er für alle Poststellen des 4. Postkreises das Informatiksystem auf.

Michel Gerber in seinem Büro im Post-IT-Zentrum, das sich im prestigeträchtigen Hôtel des Postes in Neuenburg befindet.
Michel Gerber in seinem Büro im Post-IT-Zentrum, das sich im prestigeträchtigen Hôtel des Postes in Neuenburg befindet.

Aus dieser Zeit stammt so manche Anekdote, zum Beispiel die eines Posthalters, der ihn anrief, weil der Drucker nicht funktionierte, dabei war bloss kein Papier drin. 1998 wurde Michel Gerber beim IT-Zentrum in Neuenburg als Entwickler angestellt, wo er insbesondere an einem Schlüsselprojekt der Post mitwirkte, nämlich an der Organisation der Zustelltouren der Postboten.

Schöne Erinnerungen 

Was nimmt Michel Gerber mit, wenn er nach 50 Dienstjahren bei der Post seinen Computer zum letzten Mal ausschaltet? «Eine Fülle schöner Jahre und Begegnungen mit Postboten, Posthalterinnen, Mitarbeitenden bei der Bahnpost, Informatikerinnen – es war eine wirklich angenehme und bereichernde Zeit.»

Bleiben werden viele schöne Erinnerungen, die er mit seiner Frau bei einem guten Essen wieder aufleben lassen kann. Ein nächster Gastronomie-Trip nach Frankreich steht schon bevor. Denn Michel liebt nicht nur digitale Menüs, sondern auch solche, die aus der Küche kommen.

Eine weitere Leidenschaft von Michel Gerber ist Golf, da er gerne draussen ist.
Eine weitere Leidenschaft von Michel Gerber ist Golf, da er gerne draussen ist.

verfasst von

Corinne Tschanz

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