Hintergründe

Der gelbe Postwagen fährt durch Wälder, über Wiesen und zu einsamen Höfen

Das Vallée de la Brévine im Neuenburger Jura ist ein wildes Naturparadies. Bekannt ist das langgezogene Tal für seine rekordtiefen Temperaturen, die bis auf –42 °C fallen können. Zudem führt die längste Zustellroute des Kantons durch das Tal.

Florence Herndl

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Der Zusteller in La Brévine
Im Vallée de la Brévine, auch Sibirien der Schweiz genannt, wohnen 1500 Leute. © François Wavre

Jean-Marc Parrasch kennt die schmalen und gewundenen Strassen des Vallée de la Brévine bestens. Sommers wie winters absolviert er 100 Kilometer am Tag. Er bedient 205 Briefkästen, die verstreut auf einer 20 Kilometer langen und 2 bis 3 Kilometer breiten Hochebene liegen. Er ist im Morgengrauen aufgestanden, um im Büro in Le Locle seine Tour vorzubereiten. 

Der Zusteller in La Brévine
Der Zusteller Jean-Marc Parrasch arbeitet seit 34 Jahren im Kanton Neuenburg und seit zehn Jahren in La Brévine.

Unterwegs! 

Die Tour beginnt im Dorf La Brévine. Das grosse Thermometer der Wetterstation zeigt 2,5 Grad. Dabei ist man hier gerade mal auf 1043 Metern über Meer In Genf und Bern sind es 5 Grad. Das Dorf gilt als kältester Ort der Schweiz dank seiner topographischen Lage und einem speziellen regionalen Klimaphänomen. 

Jean-Marc springt von einem Haus zum nächsten. Mal deponiert er ein Paket, dann wieder ein Einschreiben und mal einen Stapel Briefe und die Lokalzeitung. Es naht der Dezember, der immer viel Arbeit bringt. Viele Leute bestellen im Internet Geschenke, die sie unter den Weihnachtsbaum legen wollen.  

«In der Zeit um den Black Friday und die Festtage herum arbeiten meine Arbeitskolleginnen und -kollegen in Le Locle und ich mehr als sonst. Das Paketvolumen steigt. Im Dezember arbeite ich zum Beispiel auch jeden Samstag», erklärt der Spezialist. Die Mitarbeitenden der Filialen und Sortierzentren zeigen während dieser Zeit aussergewöhnlichen Einsatz. 

Der Zusteller in La Brévine
Mit seiner App stellt Jean-Marc sicher, dass alle seine Pakete nachverfolgt werden können. © François Wavre

Winterliche Stimmung  

An diesem Morgen Ende November sind die ersten Flocken gefallen. Eine feine Schneedecke liegt auf den Hügeln. Die Sonne blinzelt scheu hinter den Tannen des Bois de l’Halle hervor und wärmt die kühle Luft.

Der Zusteller in La Brévine
Ein Briefkasten unterhalb des Weges, der zu einem Haus führt, erleichtert die Arbeit des Zustellers. © François Wavre

Jean-Marc grüsst einen Bauern, der dabei ist, seinen Zaun für den Winter abzubrechen. Der Lieferwagen fährt durch grosse Weidwaldungen, die von typisch jurassischen Trockensteinmauern unterbrochen werden. 

Um die verstreuten Bauernhöfe und entlegenen Weiler zu erreichen, müssen einige Kilometer zurückgelegt werden 

Der Zusteller in La Brévine
Typische Heckenlandschaft im Vallée de la Brévine mit Tannen, Weiden und Steinmauern. © François Wavre
Der Zusteller in La Brévine

Menschliche Wärme

Der Zusteller hält bei Käsereien, Molkereien, Schreinereien, einem ehemaligen Zollhaus, das nun in Privatbesitz ist, Restaurants und kleinen Geschäften, Einfamilienhäusern und zahlreichen schönen Neuenburger Bauernhöfen. Er kennt seine Kundschaft gut. Was ihn motiviert, sind die lächelnden Gesichter, die paar Minuten, die man sich für einen Schwatz nimmt, während man sich in einem Gasthaus einen heissen Kaffee genehmigt.

In Bémont leert er einen öffentlichen Briefkasten. Am Ufer des Lac des Taillères führt er in einem Restaurant einen Post-Hausservice durch.

Mit dem Hausservice können Postdienstleistungen zu Hause genutzt werden. © François Wavre 

Der Zusteller in La Brévine

Bei einem Haus, wo niemand zu Hause ist, gibt er die Post bei einer Nachbarin ab. Die Kundinnen und Kunden sind untereinander solidarisch. Als der Postbote vorbeigeht, bellt ein Hund, und ein Eichelhäher fliegt von einem Misthaufen auf. «Der ist jeden Morgen da», bemerkt Jean-Marc.

Letzten Frühling konnte Jean-Marc diesen Briefkasten nicht mehr benutzen, da sich Rotschwänze darin eingenistet hatten. © François Wavre

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Charakteristische Bauernhöfe mit rauchenden Kaminen

Jean-Marc bewundert die Aussicht durch das geöffnete Autofenster. Er hält Ausschau nach den Rehen, die sich manchmal am Waldrand blicken lassen. Die Strasse führt in etlichen Serpentinen wieder bergab zur Talsohle, wohin auch der Lieferwagen unterwegs ist. Um 11 Uhr sind bereits 50 Kilometer geschafft.

Bald wird der Winter endgültig Einzug halten, und das Vallée de la Brévine wird sich wieder in ein dickes, weisses Kleid hüllen. Windböen werden dicke Schneeverwehungen auf den Strassen hinterlassen. Dank Jean-Marc werden Briefe und Pakete ihr Ziel immer sicher erreichen.

Der Zusteller in La Brévine
© François Wavre

Starkes Teamwork

Vor den Weihnachtsfeiertagen steigt die von der Post bearbeitete Menge an Briefen und Paketen erheblich an. Dank dem unermüdlichen Einsatz von Jean-Marc und seinen Kolleginnen und Kollegen in der ganzen Schweiz erhalten alle ihre Geschenke rechtzeitig.Bis Weihnachten werden bis zu 700 zusätzliche Touren pro Tag gefahren.

Zwischen dem 21. und 29. November hat das Postpersonal bereits 7,1 Millionen Pakete sortiert und in die Haushalte zugestellt. Insgesamt engagieren sich in dieser intensiven Zeit über 20 000 Personen dafür, dass alle ihre Bestellungen rechtzeitig erhalten.

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Florence Herndl

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