Unser Engagement
«Im Klimawandel liegen Businesschancen»
Nachhaltigkeit hat sich die Post auch in der neuen Strategie «Post von morgen» gross auf die Fahne geschrieben: Ab 2040 will sie klimaneutral sein. Anne Wolf, Leiterin Corporate Responsibility, gibt im Interview Einblick darüber, welche Massnahmen bereits umgesetzt wurden, welche geplant sind und ob das Klimaziel nicht zu ambitioniert ist.
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Anne Wolf, seit dem 1. Januar 2021 versenden unsere Kundinnen und Kunden dank des Labels «pro clima»-Versand grundsätzlich CO2-kompensiert. Was bedeutet das genau?
Mit der klimafreundlichen Zustellung haben wir einige Erfahrung. Bereits seit 2012 versenden wir Briefe in der Schweiz mit dem «pro clima»-Label CO2-kompensiert. Neu ist seit Januar, dass wir alle Sendungen bis zum Stückgut nicht nur im Inland sondern auch im Ausland CO2-kompensiert zustellen. Die CO2-Emissionen werden weiterhin mit Klimaschutzprojekten höchster Qualität im In- sowie Ausland kompensiert. Dabei entstehen für unsere Kundschaft keine zusätzlichen Kosten. Sie werden von der Post übernommen.
Am selben Tag startete die neue Strategie «Post von morgen». Welchen Platz nehmen da Nachhaltigkeit oder die Corporate Responsibility ein?
Einen zentralen. Die neue Strategie bestimmt, wie die Post in den Jahren 2021 bis 2024, und mit Weitblick auf 2030, ihre Leistung erbringen und sich weiterentwickeln wird. Integraler Bestandteil dieser neuen Strategie ist die Corporate Responsibility. Die Post nimmt ihre unternehmerische Verantwortung wahr, also die direkten und indirekten Folgen ihrer Geschäftstätigkeit auf die verschiedenen Stakeholder sowie die Umwelt. Die positiven Wirkungen sollen verstärkt und die unerwünschten Effekte minimiert werden.
Welche Massnahmen wurden bereits umgesetzt? Sind noch weitere geplant?
Schon seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Post sowohl mit der ökologischen als auch der sozialen Nachhaltigkeit. Die Umsetzung unserer Klimabemühungen kann man am besten in der täglichen Briefzustellung sehen und hören – oder eben nicht hören, dank unseren seit Jahren in Betrieb genommenen Elektrorollern. Mit der neuen Strategie hat das Management der Post ein ganzes Bündel an Massnahmen freigegeben, die auf die Ziele der Corporate Responsibility einzahlen. Hier geht es beispielsweise um die Post als sozialverantwortliche Arbeitgeberin, um die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Management- und Supportprozesse wie beispielsweise in der Beschaffung. Oder es dreht sich um das Klimaziel und die Erarbeitung von kreislauffähigen Kundenlösungen. Für das Erreichen des Klimaziels werden beispielsweise sukzessive alle Fahrzeuge auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt. Unsere Optimierungen machen natürlich auch vor den Gebäuden nicht halt: So werden systematisch fossile Heizungen durch solche ersetzt, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Auch hat die Post bereits eine der grössten Fotovoltaikanlagen in Betrieb.
Welche Tätigkeitsbereiche haben die grössten Entwicklungsperspektiven?
Die sehe ich klar im gesellschaftlichen Bereich: Für unsere Kundschaft Mehrwerte schaffen. Als Post setzen wir alles daran, dass die Dienstleistungen möglichst ressourcenschonend und sozialverträglich sind. Die Dienstleistungen auf der «Letzten Meile», wie zum Beispiel die Rücknahme der Nespresso-Kapseln, sind beliebt. Leihen statt zu besitzen, ist auch in unserem Portfolio. So kann ich das Velo über das schweizweit etablierte PubliBike nutzen, statt mir ein Velo zu kaufen. Jegliche Leistungen sollen zudem möglichst barrierefrei von allen genutzt werden können. In allen Bereichen der Post sind Teams daran, neue Ideen für mehr Nachhaltigkeit zu prüfen, zu pilotieren und bald in der ganzen Schweiz umzusetzen. Und dies so, dass damit die Wachstumsstrategie der Post von morgen unterstützt wird.
Unser Ziel ist ehrgeizig: Ab 2040 will die Post auf Netto null also klimaneutral sein. Ist das realistisch?
Das Ziel ist ambitioniert, das stimmt. Wir haben einige Massnahmen auf dem Weg bis 2040 umzusetzen. Rund 93% des CO2, das wir heute ausstossen, müssen wir als Post effektiv reduzieren. Gerade dieser Tage hat der Bundesrat für die Schweiz bestätigt, 2050 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel zu erreichen, wird nicht nur Kosten verursachen, sondern ein Umdenken verlangen. Wir müssen Klimaschutz noch stärker in bestehende Infrastrukturen integrieren bzw. bei neuen Produkten und Dienstleistungen als Chance für Mehrwert mitnehmen. Als Post werden wir hierzu unseren Beitrag leisten. Insbesondere als Logistikerin ist das Ziel der Klimaneutralität ehrgeizig. Dies gilt aber auch für andere Industriezweige, die auf fossilen Technologien basieren, wie zum Beispiel die Automobilbranche. Ich bin sicher, dass sich im laufenden Jahrzehnt viele Unternehmen ambitionierte Ziele stecken werden, welche das bisherige Geschäftsmodell teils auf den Kopf stellen wird. Denn nur so können wir die teils absehbar dramatischen klimatischen Folgen abwenden oder wenigstens abmildern. Nennen wir es beim Namen: So wie wir bisher gewirtschaftet haben, gelangen wir nicht in eine Zukunft, die den Klimawandel abwendet. Aber es gibt immer zwei Seiten einer Medaille, denn: Im Klimawandel liegen Businesschancen. Klar, wir müssen viel weniger CO2 ausstossen und Ressourcen effizienter nutzen. Doch das erreichen wir mit kreativen Lösungen, neuen Ansätzen, die allesamt wirtschaftliches Wachstum schaffen können.
Durch die aktuell herrschende Pandemie müssen wir alle zu Hause bleiben, auf Reisen verzichten. Lokale Produkte sind im Aufschwung. Haben wir in diesem Jahr nicht genug für die Umwelt getan? Wäre ein Fokus auf soziale Nachhaltigkeit im Moment nicht angebrachter?
Das eine schliesst das andere nicht aus. Gerade in einer ganzheitlichen Sicht geht es um Mensch und Umwelt. Wir alle sind aufgefordert, mit COVID-19 und den einschneidenden Folgen der Pandemie bestmöglich umzugehen. Es mag etwas pathetisch klingen, aber so wie wir bei COVID-19 als Menschen aufgerufen sind, Geduld zu haben, so sind wir es für die künftigen Generationen schon seit Jahrzehnten, die langfristigen Klimafolgen ernst zu nehmen und gegenzusteuern. Die Zahlen zeigen, dass die Pandemie zwar hier und da eine Atempause geschaffen hat, aber unter dem Strich übers Jahr kaum weniger Emissionen entstanden sind.
Sind nachhaltige Entwicklung und wirtschaftliches Wachstum nicht ein Widerspruch?
Ganz im Gegenteil, sie gehen Hand in Hand. Mit Blick auf das Klimaziel haben wir uns bei der Post auf die Fahne geschrieben, die Wachstumsstrategie zu unterstützen. Die Suche nach nachhaltigen Lösungen eröffnet neue Geschäftsfelder und Märkte, wie zum Beispiel in der Kreislaufwirtschaft. Oft wird gemutmasst, dass Nachhaltigkeit nur Kosten verursache. Hier müssen wir bei der wirtschaftlichen Betrachtung einer Einzelmassnahme die gesamte Lebenszeit betrachten und nicht nur die Investitionskosten rechnen. Gerade beim Ersatz von Geräten, hat man einen höheren Standard, der auch Energie einspart und häufiger länger im Einsatz ist. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Leistungen stark steigt: Projekte wie die Abholangebote «Recycling at Home» und «Take Me Back» oder die Verpackungslösung «Kickbag» stossen bei unseren Kunden auf grosses Interesse und zeigen auf, dass Nachhaltigkeit kein kurzfristiger Hype, sondern ein langfristiger Trend ist.
Was nimmst du dir in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit für das Jahr 2021 vor?
Privat in der Familie sind wir schon recht optimiert unterwegs: Wir haben unsere Wohnung inkl. aller Elektrogeräte und Lampen seit Langem energetisch auf dem höchsten Stand und nutzen nie die Standby-Optionen. Wir teilen Gemeinschaftsräume. Seit zwei Jahren habe ich weitestgehend auf vegetarische Ernährung umgestellt und kaufe wo möglich vom Bauern oder Bio. Und: Wir sind möglichst wenig mit dem Auto, sondern zu Fuss und Velo unterwegs, auch wenn es elektrisch angetrieben ist. Schliesslich, wenn wir eine Flugreise unternehmen, kompensieren wir diese. Auch in diesem Jahr will ich mich persönlich mit Nachdruck für die nachhaltige Entwicklung einsetzen und jede Gelegenheit nutzen, sie weiter zu treiben.