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«Um Schach zu spielen, muss man kein Genie sein»

Es gibt nur wenige, die es wie Lena Georgescu im Schachsport an die Spitze schaffen. Die dreifache Schweizermeisterin verrät, weshalb Essen während einer Partie erlaubt ist und was sie von der neuen Schach-Briefmarke der Post hält.

Sandra Gonseth

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Frau spielt Schach
Buchli Fotografie / Sam Buchli

Wir treffen Lena Georgescu im Vereinshaus des Berner Schachklubs. Das unscheinbare Gebäude liegt direkt unter der Kornhausbrücke und ist nur durch einen Fussweg von der Aare getrennt. Hier hat die dreifache Schweizermeisterin schon viele Stunden trainiert. Die 24-jährige Informatikstudentin lernte bereits mit fünf Jahren Schachspielen; ihr rumänischer Vater hat es ihr beigebracht. Gerade ist sie von einem Mannschaftsturnier in Thüringen zurückgekehrt. Sie spielte 8 von 9 Runden, sass also über 32 Stunden vor dem Schachbrett.

Wie lange dauerte deine längste Schachpartie?

Ich hatte schon ein paar Begegnungen, die sich über sechs bis sieben Stunden hinzogen. Im Durchschnitt dauert ein Spiel drei bis vier. Kürzlich gewann ich ein Spiel in nur 1,5 Stunden. Das ist auch für mich ein Rekord.

Und wenn die Tagesform nicht stimmt?

Meistens merke ich erst während der Partie, dass ich einen schlechten Tag erwischt habe. Dann passe ich mein Spiel an, indem ich meine Figuren in einfachere Stellungen bringe. Neben der körperlichen und mentalen Fitness sind auch genügend Schlaf und das Abschalten zwischen den Partien wichtig. Wirklich ärgerlich ist, wenn ich über fünf Stunden das Spiel dominiere und am Schluss wegen eines dummen Zugs verliere.

Welche Rolle spielt die Ernährung?

Im Alltag schaue ich nicht speziell darauf, aber an Turnieren esse ich leichte Kost, weil üppige Mahlzeiten müde machen. Während der Partie darf man essen und auch rumlaufen. Ich habe mal von einem Kollegen gehört, dass sein Gegner während des Spiels ein ganzes Poulet verdrückt hat.

Ist Schach nur etwas für intelligente Menschen?

Um gut Schach zu spielen, muss man kein Genie sein. Es ist ein bisschen wie beim Sprachenlernen. Als Kind ist es einfacher, du kannst es weit bringen. Später ist es schwer, ein hohes Niveau zu erreichen. Wichtig ist, die Züge nicht nur auswendig zu lernen, sondern sie auch zu verstehen. Ich stelle die meisten verlorenen Partien nach und analysiere sie.

Hast du eine Lieblingsfigur?

Das ist eine der häufigsten Fragen und eine, die sich ein Schachspieler nicht stellt. Denn wenn du eine Präferenz hast, triffst du Entscheidungen, die nicht optimal sind. Mit meinem eher «aggressiven» Spielstil kann ich aber mit der Dame besser angreifen.

Was möchtest du noch erreichen?

Den dritthöchsten Titel als FIDE (Internationaler Schachverband)-Meisterin habe ich bereits, deshalb konzentriere ich mich jetzt auf den nächsthöchsten, den Internationalen Meistertitel. Grossmeister werden nur die wenigsten. Um das zu erreichen, muss man voll auf den Schachsport setzen.

Welche Botschaft gibst du der neuen Schach-Briefmarke mit auf den Weg?

Schach ist ein Spiel für alle. Es ist wichtig, die Hemmschwelle fürs Schachspielen abzubauen. Die Leute sollen merken, dass Schach genauso viel Spass macht wie ein x-beliebiges Brettspiel. Und als Frau in einer Männerdomäne freut es mich natürlich, dass bereits über 40 Prozent des Nachwuchses weiblich ist.

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verfasst von

Sandra Gonseth

Redaktorin

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